Königinnen.

Seit dem letzten Literatureintrag habe ich vier Bücher gelesen, aber das vierte habe ich trotz strengster Auflagen mal wieder unterwegs abgegriffen, ich konnte nicht anders. Spende für den guten Zweck, erstens, und zweitens habe ich das gleich weggeschmökert, das ist nicht mal in die Nähe meiner überquellende Bücherkiste neben dem Bett gekommen. Seichte Lokalkrimi-Unterhaltung, nicht weiter der Rede wert, darf zwischendurch auch mal sein.

Nr. 4 gilt also nicht, ich liege mit meinem Soll zurück, die überquellende Bücherkiste neben dem Bett sieht genauso überquellend aus wie vorher, da hat sich rein optisch nichts geändert. Vielleicht ist das so, als ob man vierzig Kilo abnehmen müsste, und wenn dann drei bis vier Kilo `runter sind, macht das noch keinen Unterschied.

Erst wollte ich von Karen Duve, Anständig essen, erzählen. Die Autorin beginnt – eher zufällig und unfreiwillig – über ihre Ernährung nachzudenken, sie probiert ein Jahr lang Verschiedenes an sich aus. Das Buch wurde 2012 veröffentlicht, in den etwa zwei Jahren davor recherchiert, ist also sieben bis acht Jahre alt. Das Thema ist insgesamt nicht neu – und zugegebenermaßen inzwischen auch ein bisschen anstrengend. Aber da steht nochmal alles, was man längst weiß, schön kompakt zusammengefasst.

Abgesehen davon, dass Karen Duve sowieso unterhaltsam schreibt, ist sie keine Frau, die schon mit dreizehn ihre Latzhosen mit Rote-Beete-Saft gefärbt hat und auswaschbare Monatshygiene verwendet. Der Weg zu ihrem Schreibtisch ist gepflastert mit Cola Light, Schokolade und Fertiggerichten, die bei Bedarf mit ein paar Litern Curry-Ketchup geschmacklich angepasst werden. Und Curry-Ketchup, so stellt sie fest, schmeckt eigentlich nur dann richtig gut, wenn er aus einem zehn-Liter-Eimer kommt, der seit Tagen offen neben der Fritteuse steht. Mit dieser Biografie kann man doch sofort etwas anfangen.

Trotzdem. Weil das Thema Ernährung so dermaßen deprimierend ist und ausnahmslos alles, was man macht, Probleme nach sich zieht, kommt jetzt etwas anderes.

Ein Debüt von 1998, Königinnen, von Elke Naters. Ich habe das irgendwo unterwegs im Antiquariat gekauft, wegen des schönen Textes innen auf der Lasche des Buchumschlags. Dann habe ich zehn Seiten gelesen und am gleichen Abend noch drei weitere Bücher der Autorin bestellt, weil ich das so super fand. Sie alle liegen seitdem unberührt neben meinem Bett. Nach dem wohl einigermaßen großen Erfolg von Königinnen haben das Klappentextschreiben irgendwelche Literaturfuzzis übernommen (und nicht mehr, wie ich vermute, die Autorin selbst oder jemand aus dem Freundeskreis), schon wird’s ein bisschen uninteressant.

Königinnen sind eine handvoll Frauen um die dreißig in Berlin. Um die dreißig zu sein ist unglaublich schwierig, auch anderswo. Es ist schwierig, weil Entscheidungen getroffen werden müssen, denn wenn man das jetzt nicht selbst macht, übernimmt die das Leben. Es ist schwierig, weil man sich jung und allmächtig fühlt, aber so jung ist man dann doch nicht mehr, allmächtig erst recht nicht, sondern hat bislang nichts auf die Reihe bekommen. Es ist schwierig, weil man noch sehr weit entfernt ist von der Person, die in einem steckt und von dem Leben, das man eigentlich führen möchte.

Vor allem ist es schwierig, nein, nicht wegen der Männer. Das mit den Männern ist im Grunde gar nicht schwierig, man müsste nur mal wissen, was man will, sich normal benehmen und man selbst sein, man ist nur noch nicht so weit.

Genaugenommen ist das mit den Männern ziemlich einfach, aber was wirklich, wirklich schwierig ist, das ist das mit den Freundinnen. Mehr noch als einen Mann wünscht man sich eine beste Freundin, das ist viel wichtiger, denn eine beste Freundin bleibt für immer und versteht alles. Wenn ein Mann nichts versteht, dann ist das normal und nicht schlimm, aber bei einer Freundin ist das unverzeihlich, sofort hasst man sie dafür, wie man überhaupt seine Freundinnen ziemlich oft hasst, weil in dem Freundinnenthema so viel Emotion steckt, so viel Erwartung, Intimität und Sehnsucht, das macht so verletzlich.

Den Mann fürs Leben, den findet man mit etwas Glück und Verstand vielleicht irgendwann, aber die beste Freundin, die bleibt ein unerfüllter Traum. Dabei gibt es auf dieser verworrenen, komplizierten Welt nichts, was man nötiger hätte.

Lesen.

Elke Naters, Königinnen, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1998

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