Im Februar haben wir zum Glück viel Schmuddelwetter, Kälte und Frost: Die perfekte Ausrede, um auf dem Sofa zu bleiben und sich unsere Lesetipps vorzuknüpfen. Am besten eines nach dem anderen! Während sich draußen das Alltags-Treiben weiter eher beschaulich ist, haben es diese Bücher in sich. Darum halten wir uns hier kurz:
Nr. 1: Alexander Orang, Fast hell, Aufbau Verlag 2021 „Ich kannte Uwe aus News York, obwohl er eigentlich aus Ostberlin kam wie ich.“ So direkt zieht uns der Reporter-Autor Alexander Orang in die Geschichte. Osangs klares, oft humorvolles Schreiben tut das übrige. Brilliant erzählt er über den ‚merkwürdigen‘ Freund, Ostler und Weltenbürger Uwe – und setzt sich dabei mit seinen eigenen Lebenserfahrungen auseinander. Von ihrer skurrilen Schiffsreise aus führen uns die beiden Biographie-Protagonisten nicht geradewegs nach St. Petersburg, sondern ziehen mit uns durch die Welt. War es das, wonach sich die Ostdeutschen gesehnt hatten?
Erhellend sind für die LeserInnen nicht nur die weißen Nächte sondern die persönlichen, eindringlichen – vielleicht gar wahren – Erinnerungen. Der reportagenhafte Roman besticht durch seine raffinierte Erzählstruktur – und zwar längst nicht nur Menschen mit ostdeutschen Wurzeln.
Hengameh Yaghoobifarah hat unter dem harmlosen Titelchen „Ministerium der Träume“ ein unglaubliches Power-Debüt hingelegt. Auch diese Autorin ist Journalistin (Man beachte ihren ersten Satz!). In ihrem Roman wird es jedoch poetischer – und das trotz der kriminalistischen Story: Nas´ Schwester Nushin ist tot. Vermutlich Suizid. Sie lässt eine Tochter zurück – und viele Geheimnisse. Aber sind die zwischen Geschwistern nicht normal? Die beiden Schwestern haben vieles miteinander überstanden, allem voran ihre Migration. Neben den großen plakativen Themen spinnt sich das Erzählen um viele Feinheiten. Es geht um das Erleben und Leben von Diskriminierung, Rassismus, Migration, Sexismus.
Ein wenig überraschend erzählt Yaghoobifarah ihren Roman unterhaltsam. Vielleicht ist das die subtilste Art, den Finger in so viele Wunden zu legen? Eine Romanempfehlung für alle – auch Männer, die sich vom Cover vielleicht eher abgeschreckt fühlen.
Nr. 3 Kiley Reid, Such a Fun Age, G.P. Putnam`s Sons, New York „That night, when Mrs. Chamberlain called, Emira could only piece together the words ‚…take Briar somewhere…‘ and ‚pay you double…‘.
Ein weiteres Debüt – eines, das die Longlist für den Booker Prize 2020 erklommen hat. Messerscharf schneidet die junge Autorin Kiley Reid ihre Themen Klasse, Ethnik, Geld – und kein Geld an. Das Buch startet mit Szenen, die Rassismus in Aktion zeigen. Ohne Umschweife. Danach dreht sich das Erzählen zwar mittelbar um Emira, aber vor allem auch um ihre Auftraggeberin Alix – denn die macht ein Projekt aus ihrer schwarzen Babysitterin… Kontraste werden deutlich – und viele Dinge unterschiedlichen Alltagslebens prägnant beleuchtet. Intelligent. Authentisch. Unterhaltsam. Sehr lesenswert!
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen!