Noch nie fiel mir eine Rezension so schwer. Zu diesem Buch gibt es so viel zu sagen, aber das ist, will man nicht zu viel Inhalt preisgeben, kaum möglich.
„Mein Name ist Mary. Mein Haar hat die Farbe von Milch. Und dies ist meine Geschichte.“
Die Geschichte eines Bauernmädchens um 1831, das gelernt hat, hart zu arbeiten auf dem Hof des Vaters. Das gelernt hat, mit Gewalt und Lieblosigkeit umzugehen. Und das nun als Dienstmädchen in das Haus des örtlichen Pfarrers kommt, um dessen Frau zu pflegen.
Schon nach den ersten Sätzen ist man gebannt von einem Schreibstil, der ganz einfach daher kommt und trotzdem so eindrücklich, so berührend. Mit wenigen Worten wird Marys Welt herauf beschworen: der kleine Bauernhof, die Schufterei auf den Feldern, aber auch die Wärme der Sonne, der Geruch reifer Äpfel. Und obwohl sie in einer patriarchalischen Welt aufwächst mit wenig Raum für Selbstbestimmung, ist sie ein sehr humorvoller, fürsorglicher Mensch, mit einem Blick für das Schöne in ihrem Umfeld und mit durchaus eigenem Willen.
Die Stellung der Frau in einer von Männern bestimmten Gesellschaft ist, nüchtern gesagt, das Thema dieses Romans. Wie lebt man, wenn der eigene Wille nicht anerkannt wird, wenn man nur dann etwas wert ist, wenn man die erwartete Leistung erbringt, wenn man kein Recht hat auf individuelle Wünsche und Träume? Nell Leyshon ist eine Meisterin des „zwischen den Zeilen Schreibens“. Die Fragen nach Moral, Gerechtigkeit und Sinn stellen sich beim Lesen automatisch, ohne im Text irgendwo erwähnt zu werden.
Dem Eisele Verlag ist mit diesem Buch gleich in der ersten Saison ein Glücksgriff gelungen. Nicht nur der Inhalt, auch die Aufmachung ist wirklich hochwertig. Gebunden, mit Lesebändchen und einem wunderschönen Schutzumschlag ist es ein echtes Schmuckstück. Hier passt wirklich alles zusammen.
Wer „Die Farbe von Milch“ noch nicht gelesen hat, dem empfehle ich, das schnellstmöglich nachzuholen. Und als kleiner Tipp: man ignoriere den Klappentext vorher besser. er enthält ein wenig zuviel an Information.
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