Unbekannte Reise nach Irkutsk

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1978 bekam ich vom DDR-Schriftstellerverband eine Reise nach Sibirien zugesprochen, sie war nichts Ungewöhnliches damals. Viele meiner Freunde und Kollegen hatten schon den „ersten sozialistischen Staat der Welt“ besucht. „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen!“ Das war die Losung der Losungen, an der alle anderen verblaßten.

Ich schrieb kein Tagebuch, aber ich machte mir Notizen, wollte so genau wie nur möglich meine Eindrücke schildern. Hatte zuvor noch nie etwas über Sibirien gelesen, wusste nur das eine oder andere – als Klischee.

Meine Aufzeichnungen über Irkutsk, Bratsk, Nowosibirsk, Akademgorodok kamen mir mit der Zeit riskant vor … zu naturalistisch seien die Menschen, würden die mir bei „Aufbau“, deren Autor ich war, vorhalten, ich hätte noch zu wenig ideologische Reife an den Tage gelegt. …

Irgend etwas liegt da noch verborgen, dachte ich nach 1989 und nach dem unerwarteten Sturz von Gorbatschow und der damit verbundenen Beendigung der Sowjetunion.

Erst 2014 hatte ich den Einfall, meine fast vergessenen Konvolute – nostalgisch inzwischen – zu reorganisieren und mich noch einmal auf „Meine unbekannte Reise nach Irkutsk“ zu begeben.