Philipp Julius Toppius (1649 – 1727)

Selbstzeugnisse eines Pastors und die Disziplinierung der ländlichen Gesellschaft

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Um 1700 bedrohte die „Pest“ die Menschen, verheerende Stürme fegten über das Land und das Ende der Welt schien manchem nahe. Der frühmoderne Staat versuchte, die Gesellschaft bis zum kleinsten Dorf und zum letzten Untertan zu durchdringen, und im religiösen Bereich forderte der Pietismus die lutherische Orthodoxie heraus. Die grundlegenden Veränderungen und Ungewissheiten der Zeit führten zu einem allgemeinen Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität. Eine zunehmend rational organisierte Gesellschaft entstand durch die Disziplinierung und die Vermittlung einer einheitlichen Weltanschauung, wobei die Menschen dies ebenso passiv erlitten wie aktiv gestalteten.
Philipp Julius Toppius (1649–1727) dokumentierte diese komplexen Vorgänge anschaulich in seinen Aufzeichnungen. Der tatkräftige Pastor betreute von 1680 bis zu seinem Tod fast ein halbes Jahrhundert lang das Kirchspiel Bienenbüttel in der zentralen Lüneburger Heide. Als ein eifernder Vertreter der lutherischen Orthodoxie war er ebenso unbequem wie streitlustig und schreckte gegenüber den Gemeindemitgliedern vor Zwangsmaßnahmen nicht zurück.Toppius verstrickte sich in zahllose Streitigkeiten, was ihn zur Dokumentation und Rechtfertigung der Geschehnisse veranlasste. So gibt er in seinen Selbstzeugnissen ungewöhnliche Einblicke in die Lebenswelt auf dem Land um 1700.