Die Mauer schweigt

Texte zum Leben in der DDR

von

Wie bin ich überhaupt zu diesem Lebensthema gekommen? Mein Fremdeln in der Normalität des ostdeutschen Nachkriegsdeutschlands ist gewiss ein Grund. Ich wollte genauer wissen, was es damit auf sich hat und was damit nicht stimmt. Was ich damit auf den Schultern hab und wozu. Ich hab in Ostberlin Philosophie studiert und konnte nun immerhin begründet fremdeln. Mein Fremdeln wurde zur Verweigerung der mit einer Loyalitätsbekundung verbundenen Aufstiegschancen. Wurde zu spielerischen Provokationen zuerst, dann zu ernsthafteren Versuchen, diese demokratische Republik beim Wort zu nehmen, was mich schließlich ins Abseits eines generellen Arbeitsverbots führte und als Konsequenz daraus bis zum Ausreiseantrag.
Im Mai 1985 hat das ZEIT-Feuilleton meinen Essay „Die Macht der Angst“ geruckt, im Sommer 1986 haben sie mich als „Jungredakteur“ auf 18 Monate befristet eingestellt, nun konnte ich in allen Ressorts unterbringen, was mir wichtig war: In Essays, Rezensionen, Glossen konnte ich öffentlich über die DDR nachdenken. Aber die, für die es gedacht war, die es vielleicht anging, konnten es nicht lesen. Wenn mein spezieller Zugang zu diesem Lebensthema etwas Originelles hat, dann liegt es vielleicht in der immer genaueren Beschreibung des sozialen Klimas in Ost und West.
Diese Texte sind in ihrer nicht-journalistischen Ambition vielleicht eine Mischform, etwas, das in journalistischen Medien druck- oder sendbar und doch selten nur für den Tag geschrieben ist. Ich war nie zufrieden, wenn ich nicht wenigstens einen mir wichtigen Gedanken / Satz eingebaut hatte. Dies sind Texte eines Betroffenen, sie sind bekennend subjektiv. Dauerhaft beschäftigt haben sie mich nicht nur, weil ich damit Geld verdienen musste, sondern eben auch, weil ich mich nie am Ziel wähnte, angekommen auf dem Grund der Ergründungen meines sonderbaren Lebens in der DDR.