Eugène Savitzkayas neues Buch gibt sich als Sammlung strenger, gestochen scharfer poèmes en prose. Doch selten wird heute vergleichbar leicht, ja heiter geschrieben.
„Die Regeln der Einsamkeit“ ist ein Buch voller Poesie und ein Lob der Einfachheit: „Schöner als Gold ist all dies: Butter, das Fleisch einer Kartoffel, Herbstäpfel, Flußschlamm, Galle, Schöllkraut, Urin, lakritzefarbener Speichel, ein Gesicht im Lichtstrahl, Messing und Stroh. Das ist das ganze Gold der Erde.“ Savitzkaya zeigt in seinen Prosaminiaturen, die nicht mehr als zwei oder drei, oft auch nur einen Satz benötigen, wie nah Erhabenes und Komisches, Existenzielles und Phantastisches beieinander liegen, unter einer Voraussetzung: es ist vom Menschen die Rede. Das Gesicht wird dem Autor zum Bild des Menschlichen, dessen Züge, dessen Eigenheit, dessen Leuchten und dessen Dunkelheit.
Savitzkaya schreibt über das Wesentliche und über das Sichtbare. Seine Sprache ist poetisch und klar. Er findet Bilder, wo der Erklärungsapparat verstummt, Bilder, die sprechender sind als es jede Beschreibung sein könnte. Seine Kunst liegt in der Reduktion, als habe er sich ein Wort von Edmond Jabès als Motto genommen: „So wie man eine Quelle mißt, soll man die Schüttung seines Wortes abschätzen. Es einschränken, um es nicht versiegen zu lassen.“
„Im Maul des Löwen.Man müßte durch das Maul eines Löwen gegangen sein, müßte verdaut und ausgespien oder auf irgendeine Weise zuletzt wieder ausgestoßen werden, dann erst könnte man mit ein wenig Stolz sein Gesicht zeigen.“
- Veröffentlicht am Sonntag 26. Oktober 1997 von Edition Solitude
- ISBN: 9783929085389
- 64 Seiten
- Genre: Belletristik, Deutsch-Französisch, Zweisprachige Ausgaben