Brummlg’schichten – CDs

Das Kreuzworträtsel /Der ehrliche Finder

von

Kurt Wilhelm erinnert sich:

Folge 8: Das Kreuzworträtsel
Diese Folge nahmen wir Ende Juni 48, zur ganz besonderen Freude der mitwirkenden Künstler, in den Tagen der Währungsreform auf. Alle Freiberufler bekamen ihre Gage in neuer D-Mark ausbezahlt. Wir Festangestellte kriegten nix, konnten uns aber trösten, daß wir von nun an unsere Monatsgehälter in der neuen, vielversprechenden Währung bekamen.
Die Grundidee und der erste Entwurf stammten von einer damals noch unbekannten Autorin namens Ellis Kaut. Die junge Schauspielerin, Bildhauerin und Fotografin ahnte nicht, daß ihr ‚Pumuckl‘ einmal der Erfolg von Jahrzehnten sein würde. Ihre Vorlage bot uns Gelegenheit für Zeitsatire auf die Versorgungslage, Not und Hoffnungslosigkeit dieser Monate. Olf und ich arbeiteten die Geschichte aus. Ich versuchte dabei ‚funkisch‘ zu sein (wie das damals hieß) indem ich in Toneinblendungen die Krimilektüre von Brumml und seiner Frau hörbar machte. Inklusive Brummls Angstvisionen von den Einbrechern im Keller des Wirt-schaftsamts, wo die Unterweltgauner aus der Kanalisation (lange vor dem ‚Dritten Mann‘) singen: „Wir sind die Untergründigen, die niemals Aufzufindigen, wir ziehen surreal bei Nacht durch den Kanal.“.
Zusammen mit den neuen Isarspatzen sang der damals ungemein populäre Bänkelsänger Will Höhne als musikalischer Stargast den Amischlager ‚Dancing in the dawn‘ und anderes.

Folge 9: Der ehrliche Finder
Nach der Währungsreform waren manche Stoffe nicht mehr möglich. Die Voraussetzungen für Zeitsatire hatten sich geändert. Nun gings überall vornehmlich ums Geld. Darum reagierten wir sofort auf den Zeitungsbericht von einem Mann, der einen wertvollen Schmuck auf der Straße gefunden hatte und damit unglücklich wurde.

Die erste Fassung der Folge 9 ‚Der ehrliche Finder‘ schrieb abermals Ellis Kaut, mit ein wenig Unterstützung durch ihren Ehemann Kurt Preis, Lokalredakteur des ‚Münchner Merkur‘, der selber ein ausgezeichneter Autor und Dialogschreiber war. Ich war für Co-Autorenschaft dankbar, denn Olf Fischer saß intensiv am Theater-Brumml und konnte sich nicht um den ‚Finder‘ kümmern. Wir schrieben in den Sommermonaten, nahmen sogleich auf und sendeten die Folge im Oktober.

Tags drauf rumpelte ein verärgerter, wortgewaltiger Journalist der ‚SZ‘ in mein Büro: ich hätte ihn bestohlen, er fordere sein Autorenhonorar. Er hatte den Artikel über einen Finder geschrieben, der derart ärgerliche bürokratische Hürden zu nehmen hatte, dass der Artikelschreiber schloss: am besten wärs, er legt den Schmuck nachts wieder auf die Fundstelle und verschwindet. Ich erntete harsche Worte, als ich ihm sagen musste, dies begründe noch keine Mitautorenschaft. Er zog ab und grollte mir lange Jahre. Dann nicht mehr. Er erkannte mir später sogar seinen ganz persönlichen, sehr wertvollen Literaturpreis zu. Er hieß Sigi Sommer.

Nebenbei: sollte jemand sich über den geringen Wert des gefundenen Schmucks wundern, für 12.000 DM bekam man nach der Währungsreform ein mehrstöckiges Haus. Noch dazu in bester Lage.
Und jener Klaus Rüstig, der Brumml für Radio München interviewen will, war Klaus Rüstig persönlich. Ein Preuß. Einer unserer Sport- und Star-Sensationsreporter, der beispielsweise mit dem Mikrophon hinter einem Artisten über das Hochseil ging und durch ähnliche Sinnlosigkeiten weithin berühmt wurde. In Berlin machte Ähnliches ein gewisser Samy Drechsel, der auch bald zum BR kam, und Mitbegründer der ‚Lach- und Schieß-Gesellschaft‘ wurde.

Musikalisch umrahmt waren die Szenen von Variationen eines einzigen Schlagers: ‚Woody wood packer‘, den, samt einer Opernparodie Rolf Wilhelm in allen möglichen Stilarten zu Olf Fischers bayrischen Texten arrangiert hatte. Interpreten waren die neuen Isarspatzen und als Stargäste die ‚King-Kols‘. Dieses Bartrio verdankte seinen Erfolg dem Pianisten Fred Kingslee, einem dürren Münchner mit Glenn Miller-Brille, der herrlich verschludert singen konnte und zwischendurch groteske Tänze aufführte, die das Publikum zu Lachstürmen hinrissen, wie die Aufnahme beweist.

Die neuen Isarspatzen
Es gab 1947 im Lande noch keine professionelle Gesangsgruppe modernen Stils, die bayrisch gesungen hätte. Daher war ich sehr dankbar, dass Mitglieder des Rundfunkchors mir aushalfen, und die Rahmenglossen in unserer Landessprache interpretierten. Diese Nebentätigkeit seriöser Choristen im leichten Genre wurde indes von einigen Leitenden nicht gern gesehen und so waren alle Betroffenen froh, als 1948 in der Unterhaltungssendung ‚Rieglers Nudelbrett‘ drei junge Männer mit neuem, frischen Sound und jungen Stimmen auftauchten. Riegler hatte die ehemaligen Soldaten entdeckt, die sich unter dem Namen ‚3 Meywalds‘ ihr Studium verdienten. Sie hießen nicht lange so. Ich übertrug ihnen feierlich den Namen ‚Isarspatzen‘, unter dem sie dann noch viele Jahre erfolgreich und beliebt musizierten.

Die Brummlstars: Barbara Gallauner

Die Wienerin vom Alsergrund, Tochter von ‚Volkssängern‘, von Komödianten, war ein echtes Theaterkind. Seit dem 6. Lebensjahr ‚bei der Kunst‘ hat sie Gedichte in der Schule so innig aufgesagt, daß die Mitschülerinnen weinten, Kindertheater gespielt und Kinderrollen an großen Theatern, mit 15 eine Damenkapelle für’s Simmeringer Bräuhaus gegründet, im Kirchenchor gesungen und den Dirigenten vergöttert – aber die
Theaterakademie wollte sie zweimal nicht aufnehmen. Das erste Mal, weil sie zu jung war, das zweite Mal, weil zu unbegabt. Beide Male hat sie sehr geweint und ist sogleich in die Engagements gegangen: Meran, Schweiz, Ingolstadt, Greifswald, Kolberg und andere Ortschaften. Überall musste sie die naiven Sentimentalen spielen, niemand traute ihr komische Rollen zu. Da hat sie wieder oft geweint.
Nach dem Krieg befreite sie das Kabarett ‚Der bunte Würfel‘ vom Sentiment. Sie durfte, ja sie musste sogar komisch sein, und auch Chansons singen, die Fred Rauch ihr schrieb. Die ‚Brumml-Zenzi‘ hat sie dann weit bekannt und beliebt gemacht. Wechselseitig. Sie die Zenzi, und die Zenzi sie. Und binnen ein paar Jahren wollte niemand ihre ernsten Rollen geben. Nur noch komische. Da hat sie wieder angesichts einer Welt weinen müssen, die nicht einsehen mag, dass man beides können kann.

Immerhin wurde sie Mitglied der renommierten Münchner Kammerspiele und hat heitere und auch ernste Rollen zu spielen bekommen. 1999 lebt sie als würdige alte Dame mit jungem Herzen in München und freut sich, wenn man sich nach über 50 Jahren noch an die ‚Zenzi‘ erinnert.