Álvaro de Campos, Alberto Caeiro, Ricardo Reis – Fernando Pessoa, der größte Dichter Portugals des 20. Jahrhunderts, träumte immer davon, alle Menschen zugleich zu sein. In seinem Werk hat er sich diese Sehnsucht erfüllt: unablässig erschuf er neue Dichter, schenkte ihnen eine Biographie und schrieb ihnen die unterschiedlichsten Werke zu. Die legendäre Truhe, in der man Pessoas Manuskripte lang nach seinem Tod fand, enthält so das größte Stimmentheater der Weltliteratur, dessen Partitur die neue Pessoa-Ausgabe Band für Band enthüllt.
Der melancholische Ricardo Reis erschien Fernando Pessoa kurz nachdem er die ersten Gedichte von Alberto Caeiro notiert hatte. Reis hat sich Caeiro zum Meister erkoren und setzt dessen Themen fort. Aber den einfachen Gedichten, die der Autodidakt Caeiro aus seinem Inneren erschuf, setzt Reis die klassizistische Vollendung seiner Odenverse entgegen – was jener empfindet, wird ihm zur Reflexion. Heiter ergibt sich Reis der Trauer der Dekadenz.
‚Pessoas Werk ist wie eine Bibel, man kann es über Jahre hinweg mit sich herum tragen, jederzeit aufschlagen, immer wieder einen Abschnitt lesen und sich über die Einsamkeit des Menschen belehren lassen. Es umspannt die Seele mit sehnsüchtiger Trauer.‘
Maike Albath, Der Tagesspiegel
- Veröffentlicht am Sonntag 1. Juni 2008 von FISCHER Taschenbuch
- ISBN: 9783596176977
- 256 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik