Der Augenblicksammler

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„Es wird einmal. kommen eine Zeit, in der es eine noch nie da gewesene Hungersnot geben wird. Nicht an Essbarem wird es fehelen, nein, es wird eine Not innerer Nahrung herrschen, ein Mangel an Seelenbrot wird uns darben lassen.“

Merkwürdig, dass mir auf einmal die Worte des exotischen Märchenerzählers einfielen, der damit vor Jahren an der Brücke am Fluss eine Geschichte begonnen hatte. Aber die hatte niemanden interessiert, die paar wenigen Zuhörer hatten sich bald verflüchtigt und auch ich hatte sie nicht zu Ende gehört.

Nur an ihren Titel konnte ich mich noch erinnern: Der Augenblicksammler.

„Es wird kommen eine Zeit? Die Zeit ist gekommen!“, dachte ich verbittert und entmutigt. Ich stand wieder an der Brücke am Fluss, aber da war kein Platz mehr für einen Märchenerzähler.

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Abgewetzt die Haut der Jahre,
Tage fallen als Schuppen ab,
abgelebte, wunderbare
Welt; Wege und Wanderstab
sind verschmolzen ob der Zeile,
die nicht zu gewinnen waren,
die treiben mit uns nur Spiele,
deren Sinn wir nie erfahren.
Aber doch: Was abgetragen
uns dünkt, wie verlorner Mut;
Glück, wie Porzellan zerschlagen,
das ist wohlerworbnes Gut.
Bleibt als letztes Hemd, verwaschen,
ausgefranst, manch ein Knopf fehlt,
leichtes Herz und leere Taschen,
voll verausgabt. Schluss. Das zählt.