Franz Hohler spielt in seiner raffiniert gestrickten Erzählung geschickt mit der Neugier seiner Leser. Genau wie seine Protagonistin Isabelle gerät man zufällig mitten in die tragische Lebensgeschichte eines Unbekannten.
Und diese Geschichte beginnt mit dessen Tod – man ahnt es schon – auf Gleis 4. Genauer gesagt auf dem Bahnsteig von Gleis 4 des Bahnhofs Oerlikon. Dorthin hatte er Isabelle, die ratlos am Fusse der steilen Treppe stand, deren schweren Koffer hinaufgetragen und war daraufhin plötzlich tot zusammengebrochen. Isabelle, von Beruf Altenpflegerin, versucht noch den älteren Herrn wiederzubeleben, doch es bleibt bei seinem letzten gehauchten Wort an sie ‚Bitte.”.
Von Schuldgefühlen (War ihr schwerer Koffer der Auslöser für sein Herzversagen?) und diesem undefinierten ‚Bitte” getrieben, begibt sich Isabelle und mit ihr der Leser auf eine Spurensuche, die teils kriminalistische Züge annimmt, denn was zufällig und alltäglich möglich beginnt, wird immer merkwürdiger.
Durch den plötzlichen Todesfall hat Isabelle, die eigentlich auf dem Weg zum Flughafen war, ihren Urlaubsflug nach Italien verpasst und hat nun 2 Wochen freie Zeit. Freie Zeit, die sie vielleicht für Besuche bei der Familie oder ein paar Tage im Tessin nutzen möchte, vielleicht aber auch nur, um sich noch etwas länger von einer Operation zu erholen. Doch der Tod des Mannes beschäftigt sie, zumal seine Identität zunächst nicht festgestellt werden kann. Bis zu dem Moment, als in Isabelles Wohnung ein fremdes Handy klingelt. Sie findet es in einer Mappe des Verstorbenen, die sie versehentlich in der Hektik auf Gleis 4 eingesteckt hatte. Ein unheimlicher anonymer Anrufer bedroht ‚Marcel”. Doch auch die Polizei hat inzwischen die Identität des Toten geklärt und dessen Handy im Hotel gefunden. Es handle sich um den Kanadier Martin Blancpain, seine Witwe Veronique sei auf dem Weg in die Schweiz. 2 Handys, 2 Namen, anonyme Drohungen – Isabelle beschliesst, Kontakt zur der Witwe aufzunehmen, und die beiden Frauen begeben sich gemeinsam auf Spurensuche, in die Vergangenheit eines Mannes ohne Vergangenheit.
Petra Bohm, orell füssli
- Veröffentlicht am Freitag 6. Dezember 2013 von Zytglogge
- ISBN: 7611698043373
- 1 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählende Literatur