KIGALI

Le procès de l'amour oder Die Liebe auf der Anklagebank

von

Der Autor Dantse Dantse hat Kigali vor einigen Jahren in Kamerun kennengelernt. Sie erzählte ihm ihre Geschichte und bat ihn, sie aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Die gesamte Handlung des Romans basiert auf ihren Erzählungen und auf den historischen Fakten des Völkermords in Ruanda, von April bis Juli 1994, mit über 1.000.000 Opfern, wird aber fiktiv dargestellt.

Der Roman startet mit der Berichterstattung über ein Gerichtsverfahren in New York, dem procès de l’amour, bei dem Jessy Mackebrandt angeklagt wird, sieben Menschen getötet zu haben, doch ihr Verteidiger möchte die Jury davon überzeugen, dass die Liebe die Schuldige ist und auf die Anklagebank gehört.
Diesen Prozess hat es nie gegeben, stattdessen sind sowohl die Morde als auch das Verfahren tatsächlich in Kigalis Fantasie entstanden, als sie sich zur Traumabewältigung einer Therapie unterzog. Der Leser weiß das aber nicht und fragt sich während des Lesens des Buches, ob diese Morde und das Verfahren wirklich geschehen sind. Erst ganz am Ende stellt er fest, dass diese Rache nie stattgefunden hat, außer in Kigalis Trance-artigem Traum, und dass diese Fantasie sie von ihren zahlreichen psychischen Problemen heilt und sie von Leid und Schuld befreit, so dass sie nun wieder lieben und ihr Leben glücklich leben kann.

Der Leser springt nach der Berichterstattung über die Schlussplädoyers des Gerichtsverfahrens erst einmal viele Jahre zurück in die Vergangenheit, in das Jahr 1994 als der Genozid in Ruanda stattfindet. Nun lernt er Kigali kennen, die später Jessy Mackebrandt heißen wird.
Kigali ist erst 11 als sie mit eigenen Augen mit ansehen muss, wie ihre ganze Familie während des Genozids, der am 6. April 1994 beginnt und bis Mitte Juli 1994 andauert, bestialisch umgebracht wird. Kigali selbst wird von einem Freund ihres Vaters gerettet, der sie in seine Heimat nach Brazzaville im Kongo bringt. Aber bald erkennt sie, dass die Hilfe nicht umsonst war. Dort erlebt sie ihren persönlichen Genozid. Dieser Freund vergeht sich an ihr, missbraucht sie 9 Jahre lang und zwingt sie ständig zu Abtreibungen. Traumatisiert vom Mord an ihrer Familie und aus Angst selbst zu sterben, akzeptierte sie diese Verbrechen, indem sie einen Teil ihrer Person in sich abspaltet und eine fremde Persönlichkeit entstehen lässt.

Als sie 20 wird, lernt sie zufällig einen Geschäftsmann namens Nana aus Kamerun kennen und verliebt sich in ihn. Mit seiner Hilfe verlässt sie den Kongo und flüchtet nach Kamerun. Zum ersten Mal in ihrem Leben ist sie glücklich und hat jemanden, der sie wirklich liebt. Alles läuft gut und auch sexuell lebt sie ihre Fantasien mit ihm voll und ganz aus. Da sie aber, wegen der zahlreichen Abtreibungen im Kongo, nicht mehr schwanger werden kann, will Nana sie nicht heiraten.

Obwohl sie sich sehr lieben, trennt sie sich ohne Vorwarnung von ihm und verschwindet ohne eine Nachricht zu hinterlassen mit einem anderen Mann, der sie seit Monaten anbaggert. Dieser Mann ist Deutsch-Franzose, ein guter Freund von Nana. Er wohnt zwar in Paris, ist aber oft geschäftlich in Kamerun. Sie verlieben sich und heiraten sogar bald und er verspricht ihr ein Leben im Himmel in Frankreich. Deswegen immigriert sie fluchtartig mit ihm nach Paris und nimmt den Namen ihres Mannes an. Dabei ändert sie auch ihren Vorname und heißt nun Jessy Mackebrandt.

Sie glaubt wirklich, dass sie in Europa, dem „Paradies“, am Ende ihres Leidenswegs ist. Aber nur wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Paris erlebt sie, was sie sich in keinem Alptraum hätte vorstellen können: die wahre Hölle am eigenen Leib. Ihr Mann ist Zuhälter und sperrt sie kurz nach ihrer Ankunft in Paris in einen Domina-Keller. Dort muss sie prominenten, reichen, mächtigen, aber stets maskierten Männern und Frauen als Sexsklavin dienen und unsägliche Dinge tun. Mithilfe eines Freiers, der Mitleid mit ihr hat und ihr Freund wird, schafft sie es nach 4 Jahren zu flüchten, es gelingt ihr dabei sogar, vom Computer ihres Ehemannes wichtige Daten über ihre Peiniger mitzunehmen und so endlich deren Identitäten und Namen zu erfahren.
Sie landet in Deutschland, wo ihr Retter lebt, und unterzieht sich dort nun der Psychotherapie, um ihre Traumata zu bewältigen. In langen Gesprächen mit ihrem Therapeuten erfahren wir weitere Details über ihren bisherigen Leidensweg und besonders über ihr Martyrium in Paris. Ihr Therapeut versucht sie zu überzeugen, ihre Peiniger vor Gericht zu bringen, aber sie schmiedet einen anderen Plan. Selbst ihren Zuhälter-Ehemann will sie nicht verklagen, aus Angst vor seinen Drohungen und weil sie überzeugt ist, dass ihr vor Gericht niemand Glauben schenken würde, weil ihre Peiniger mit ihrer Macht und ihrem Geld Top-Anwälte beschäftigen würden, die sie, Kigali, und ihre Ehre zerstören würden.

Der Leser findet sich nun einige Monate später mit Jessy in New York wieder, wo die meisten ihrer ehemaligen Freier leben. Sie stellt es sehr geschickt an, die 6 Männer und eine Frau einen nach dem anderen kennenzulernen und in sich verliebt zu machen. Briefe und Emails belegen, dass sie nacheinander mit allen eine leidenschaftliche, beinahe suchtartige Affäre hat, bis sie sich alle plötzlich und überraschend umbringen – immer auf die gleiche Weise, mit ähnlichen Abschiedsbriefen und nachdem sie große Summen Geld an ruandische Hilfsorganisationen gespendet haben. Jessy wird schnell verdächtigt, aber außer Indizien gibt es keine Beweise, dass sie etwas mit den Todesfällen zu tun hat. Dennoch wird sie von einem weißen Polizisten verhaftet und von einem schwarzen Staatsanwalt angeklagt. Es gelingt ihr, den besten Star-Anwalt New Yorks für ihre Verteidigung zu gewinnen. Er ist der Sohn ihres Pariser Ehemannes, der zwar seit früher Kindheit keinen Kontakt zu seinem Vater hat, ihn aber als Monster in Erinnerung hat und die Unterstützung Jessys als Rache an ihm sieht.
Während des gesamten Prozesses setzt die Verteidigung auf den Vorwurf des ewigen Rassismus der weißen Behörden gegen die machtlosen und wehrlosen Schwarzen, der weiße Polizist, der Jessy verhaftet hat, soll sie nur wegen ihrer Hautfarbe verfolgt haben und dem schwarzen Staatsanwalt wird von dem Medien vorgeworfen ein „Uncle Tom“ zu sein, der seine schwarze „Schwester“ nicht rettet und damit die schwarze Community verrät. Die Anklage verteidigt sich vehement gegen diese Vorwürfe.

Im Schlussplädoyer aber ändert Star-Anwalt Johnny Mackebrandt Walker dann unerwartet, aber von ihm langfristig und heimlich geplant, seine Strategie: nicht Jessy sei an den Morden schuld, sondern allein die Liebe, die Liebe habe die Opfer zum Selbstmord getrieben und die Liebe sollte auf der Anklagebank sitzen. Er nennt es le procès de l’amour. In einem leidenschaftlichen, emotionalen und revolutionären Plädoyer schafft er es, der Liebe die Schuld zu geben und Jessy als Beispiel einer modernen, freien Frau darzustellen, die selbst bestimmt, wie sie lieben will, wann sie lieben will, und ob sie lieben will. So präsentiert er Jessy als den Inbegriff der wahrhaft emanzipierten Frau, das heißt, einer Frau, die zu ihrer Weiblichkeit steht und dadurch stark und selbstbewusst ist und keine dieser Emanzen, die glauben, erfolgreich zu sein, weil sei Männereigenschaften übernehmen, sich aber dennoch keinen Respekt verschaffen können. Sie sind zwar hart, aber nicht stark wie Jessy, die durch ihre Weiblichkeit ihre Freiheit erkämpft hat. Die einzige Schuld, argumentiert ihr Anwalt vor den Geschworenen, die man Jessy vorwerfen kann, ist dass sie sich der Vorstellung von Liebe diesen Menschen nicht beugen wollte, und dass sie nicht so lieben wollte, wie sie es von ihr verlangten.
In Johnny M. Walkers Darstellung von Liebe kann sich jeder von uns wiederkennen und damit erreicht er die Geschworenen emotional, da viele von ihnen schon mit der Liebe wehgetan und verletzt haben, aber nicht akzeptieren würden, dafür bestraft zu werden – also können sie auch Jessy nur freisprechen.
Nach einem spannenden Live-Fernsehbericht über diese Verhandlung erfahren alle endlich das Urteil der Jury: nicht schuldig! Jessy verlässt als freie Frau das Gerichtsgebäude.
Dieser Sieg vor Gericht ist der erfolgreiche Abschluss ihrer Traumatherapie, sie ist nun von allen ihren psychischen Störungen geheilt. Ihre Rache ist gelungen, und sie kann wieder normal lieben und Liebe empfangen, wie sie in einer Affäre mit ihrem Rechtsanwalt erlebt.

Im letzten Kapitel kehren wir als Leser zurück zu Jessys Therapiesitzungen. Erst hier wird dem Leser klar, dass die gesamte Handlung in New York ihren Fantasien unter Hypnosetherapie entsprungen war. Dank ihres festen Willens glücklich zu werden hat sie sich unbewusst selbst freigesprochen und sich von Leid und Schmerzen losgesagt. Sie ist nun bereit, ihre alten Lasten in der Vergangenheit zu lassen und ein neues glückliches Leben voller Liebe zu führen, ohne Wut, Zorn und Rachegefühle gegen alle Menschen, die ihr Schmerzen zugefügt haben. Sie kehrt nach Afrika zurück, wo sie heute noch lebt.

Eine atemberaubende, harte Geschichte über den Mut einer gedemütigten Frau, die unmenschlich gelitten hat, die sich aber entscheidet weiterzuleben und gut und glücklich zu leben.
Alle Namen von Personen hier sind rein erfunden oder zufällig ausgewählt.
Achtung: Nicht jeder Mensch kann diese Geschichte ertragen.