Leben, um zu überleben

Aus dem Französischen von Nicola Denis. Hrsg. von Brigitte van Kann und mit einem Nachwort von Magdalena Saiger.

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»Warum brauchen wir so ein Foto?« Mit einer Frage beginnt dieses Buch vom plötzlichen Ende einer unbeschwerten Kindheit. »Eines Tages werdet ihr verstehen, wie wichtig dieses Familienfoto ist.« Die Aufnahme aus dem Belgrad des Jahres 1939 wird zu einem der wenigen Erinnerungsstücke, die Reli Alfandari Pardo von den Ihren geblieben sind. Das Bild zeigt, »was man eine glückliche Familie nennt«. Damit ist es bald vorbei. Zuerst in der Schule tritt etwas Trennendes verstörend zwischen das Mädchen und ihre christlichen Freundinnen. Sie nimmt sich vor, ihre Ausgrenzung mit Stolz zu tragen: »Ich mußte lernen, Jüdin zu sein«. Der Zweite Weltkrieg erreicht auch Jugoslawien, deutsche Flugzeuge bombardieren am 6. April 1941 die Hauptstadt. Mit den Besatzern hält der Alptraum Einzug ins Leben der serbischen Juden.

Für das, was mit ihrer Familie und ihr passiert, findet Reli Alfandari Pardo erst viele Jahre später Worte – dennoch mit der Unmittelbarkeit des Erlebens eines Mädchens, das nun lernen mußte, nicht länger Jüdin zu sein. Anders als Anne Frank, mit der sie heute in Serbien verglichen wird, kann sie sich – ständig auf der Flucht, stets in Angst – in Verstecken retten. Massakern, Razzien und den alliierten Bomben auf Belgrad vom April 1944 entgeht sie knapp. Ihr Bruder und ihre Eltern werden dagegen im KZ ermordet.

Reli Alfandaris Lebensbuch gehört zu den bewegenden Überlebensgeschichten der Literatur, in einem Atemzug zu nennen mit berühmten Zeugnissen wie Marga Mincos in den Niederlanden klassischer Bericht Das bittere Kraut. Mit Leben, um zu überleben rückt ein schmerzliches Kapitel europäischer Geschichte in den Blickpunkt: der Krieg und die Shoah auf dem Balkan.