Ursachen für Antisemitismus und Wege zur deutschen Identitätsfindung
Thema von Jan Sellings Studie ist die Re-Konstruktion einer deutschen Identität und eines neuen nationalistischen Denkens im Geschichtsdiskurs der 90er Jahre. Der Autor stellt auf der Basis der theoretischen Überlegungen von Maurice Halbwachs und Jan Assmann zum kollektiven und kulturellen Gedächtnis die These auf, dass unter der Begrifflichkeit einer so genannten „Normalisierung“ im deutschen Geschichtsdiskurs zwischen 1990 und 2000 versucht wurde, deutsche Nationalstaatlichkeit als etwas Natürliches zu identifizieren. Dies ging einher mit einer Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen zu Gunsten von positiven Konnotationen deutscher Geschichte.
Selling analysiert diese Bildung eines neuen gesellschaftlichen Konsenses auch im Kontext mit den tiefgreifenden Veränderungen im Zuge des Zusammenbruchs der DDR und der deutschen Wiedervereinigung.
Dieser Umbruch im kollektiven deutschen Gedächtnis verursachte aber auch die Senkung der Hemmschwelle gegenüber Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.
Theoretisch und an mehreren Fallanalysen (Walser-Debatte, Buchenwald, Neue Wache Unter den Linden, Holocaust-Denkmal Berlin) arbeitet Selling mit dem neutralen Blick von außen ein Thema auf, das unter dem Blickwinkel des Wiedererstarkens neonazistischer Kreise und der mittlerweile fast schon gesellschaftlich sanktionierter revisionistischer Töne (Vertreibungsdebatte, Bombenkriegsdebatte) auch nach 2000 eine neue Dimension erhält.
- Veröffentlicht am Montag 10. September 2007 von Militzke
- ISBN: 9783861897804
- 368 Seiten
- Genre: Gesellschaft, Politik, Sachbücher, Wirtschaft