Das kurze Leben der Sonja Okun

Geliebt - verlassen - vernichtet

von

‚Das kurze Leben dieser so wunderbar heiteren Jüdin war ein tieftrauriges Martyrium. So starb sie auch. Da es an höchster Stelle versäumt wurde, spreche ich sie heilig‘, so der berühmte Regisseur Fritz Kortner in seinen Memoiren.
Die Schauspielerin Carmen Renate Köper hat sich – angeregt durch die Auschwitz-Überlebende Trude Simonsohn – auf Spurensuche nach Sonja Okun begeben. Entstanden ist ein Buch, das ein faszinierendes jüdisches Frauenleben dem Vergessen entreißt und Theatergeschichte lebendigm macht.

Sonja Okun, am 26. Januar 1899 in Minsk, Russland, als Rosalie Okun geboren, lebte ab 1905 in Hamburg und ab 1923 in Berlin. Als junge Frau begeg nete sie bedeutenden Zeitgenossen wie Erich Engel, Fritz Kortner, Johanna Hofer und Bertolt Brecht, später Leo Baeck und Paul und Hedwig Eppstein. Sie hat die Menschen, denen sie begegnete, zutiefst beeindruckt: mitreißend, auf regend, humorvoll und aufopferungsvoll. Enttäuscht von ihrer fast zwanzig Jahre währenden Liebe zu Erich Engel, der, statt ins Exil zu gehen, unter den Nationalsozialisten als erfolgreicher Theater- und Filmregisseur in Deutschland weiterarbeitete, ging sie erkrankt 1936 in die Schweiz, kehrte aber 1938 freiwillig nach Berlin zurück. Sie arbeitete in der Jugend-Alija mit und machte es sich zur Lebensaufgabe, bedrohten und verfolgten jüdischen Menschen zu helfen. Am 27. Januar 1943 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, am 28.Oktober 1944 in den Tod nach Auschwitz.

‚Meine Gedanken bewegen sich auf unterschiedlichen Gleisen. Jeder Tag führt mich auf eine andere Spur. Und immer wieder drängt sich eine Frage auf: Warum mußte Sonja Okun sterben? Eine Schuldzuweisung will nicht gelingen. Es wäre beruhigend, sagen zu können: Er war es. Er, der langjährige Geliebte, der große Regisseur Erich Engel. Er, der nicht emigrierte, weil er Angst hatte, im Ausland keine Beschäftigung zu finden – nicht erfolgreich in seinem Beruf weiterarbeiten zu können. Er, der all die Jahre nicht bereit war, seine Ehefrau für Sonja aufzugeben. Nein, keine Schuldzuweisung, denn der Mensch ist schwach geboren, und fast jeder bleibt es bis an sein Lebensende. Um so mehr verdient es Sonja Okun, daß man sich ihrer erinnert – wegen ihrer Menschlichkeit, ihrer Geduld, ihrer Leidensfähigkeit, ihrer Treue und ihres Mutes.‘
Carmen Renate Köper

Die Autorin:

Carmen Renate Köper, geboren in Dortmund. Schauspielerin, Engagements unter berühmten Intendanten wie Schalla, Stroux, Buckwitz und Eschberg. Drehbuchautorin, Fernsehfilme, Buchveröffentlichungen. Berufstitel Professorin, verliehen von der Republik Österreich. Ehrenplakette und Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main, Leuschner-Medaille des Landes Hessen, Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Lebt in Frankfurt am Main.