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Die letzten Erzählungen Heinrich von Kleists

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Bis heute scheiden sich an Kleists Prosa die Geister. Gefragt wird z.B.: Handelt es sich bei den zahlreichen Brüchen und Leerstellen um erzähltechnische Raffinessen, Missgriffe oder übersehene Werkstattrelikte? Welche Rolle spielt der Leser in diesem Spiel, das ohne Irritationen nicht auskommt? Da sich in diesem Werk das ›Normale‹ mit dem ›Aberranten‹, das Konventionelle mit dem Unüblichen, das Realistische mit dem Fantastischen mischt, ist die Forschung mit Fragen der Relation, der Unterscheidung und der Einordnung beschäftigt. Fast immer geht es dabei um Widersprüchliches oder scheinbar Ungereimtes, das als Mittel der Kleist’schen Erzählsprache zu würdigen ist.
Diese literaturpsychologische Studie entdeckt in den Erzählungen der beiden letzten Lebensjahre Ausdrucksregister, die u.a. den Surrealismus André Bretons in vielem vorwegnehmen und somit auch die ›Modernität‹ dieses Autors in einem neuen Licht erscheinen lassen. Viele der bisher ungeklärten ›Eigenheiten‹ Kleist’schen Erzählens konnten in dieser, mit einem neuen tiefenpsychologischen Erklärungsansatz operierenden Arbeit erklärt werden.