Wiener Vorlesungen

Bernhard, Handke und die österreichische Literatur

von

Peter Handke und Thomas Bernhard werden häufig in einem Atemzug genannt, um die außerordentliche Qualität der österreichischen Literatur der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zu bezeichnen. Sie stehen, wie andere Dioskuren auch – man denke nur an Frisch und Dürrenmatt oder Musil und Broch – für ein persönlich oft angespanntes Verhältnis, das zu Lebzeiten durch Zuträger und öffentliche Einmischungen zusätzlichen Verzerrungen und Veränderungen ausgesetzt war beziehungsweise ist.
Ohne diese biografische Seite auszublenden versucht Karl Wagner, die prinzipiell antagonistische Konzeption von Kunst und Künstler bei Handke und Bernhard herauszuarbeiten, die beiden Autoren je andere Schreibmöglichkeiten und Wirkungspotenziale eröffnet hat. Der Gegensatz als kreatives Potenzial schließt dann auch nicht aus, dass sich im Werk der beiden streitbaren und umstrittenen Autoren thematische Affinitäten (Staatskritik), verwandte Konstellationen und Figuren finden lassen; ihr spezifisches Verhältnis zur literarischen Tradition (vor allem zu Adalbert Stifter) verdeutlicht, dass damit mehr ins Spiel kommt als persönliche Vorlieben: nämlich eine Facette der ‚Ära Bernhard‘ (Handke).