Kaktusküsse

Wer 'Überflüssige' in der Schule aussortiert, darf sich über Hartz IV nicht beklagen

von

Nicht zuletzt die Sarrazin-Debatte hat gezeigt: Ein Ressentiment gegen ethnische Minderheiten und sozial Schwache bricht sich Bahn und relativiert das Gleichheits- und Gerechtigkeitsgebot. Der Unterklasse wird vorgeworfen, immobil und nicht kreativ zu sein, ihr Scheitern als eigenes Versagen erklärt. Auf der anderen Seite formiert sich der geistige Überbau der angeblichen Leistungsträger.
Dies hat die ehemalige Leiterin der Rütli-Oberschule in Berlin-Neukölln veranlasst, die ‚Überflüssigen‘ aus ihrer Sicht darzustellen. Sie zu verstehen, ist ihr Anliegen. An etlichen Beispielen zeigt sie auf: ‚Man muss den Kaktus nicht umarmen und küssen, aber auch nicht auf ihn scheißen.‘ Die Marginalisierten brauchen – wie jeder Mensch – Anerkennung und Empathie, um zu überleben.
Konkret befasst sich Brigitte Pick, die in ihrer jahrzehntelangen Schulpraxis tagtäglich mit den vermeintlichen Integrationsverweigern zu tun hatte, mit der Schulverweigerung der Marginalisierten, der Gemeinschaftsschule als Option, dem Geschäft mit der Armut, den sozialen Aspekten der Integrationsfrage sowie dem Sozialdarwinismus.