Heimatliche Fremde

Türkische Migration nach Deutschland

von ,

50 Jahre türkische Arbeitsmigration nach Deutschland, die im vergangenen Jahr Anlass für einige Betrachtungen waren, und der Integrationsgipfel im Januar 2012 vermitteln den Eindruck von dauerhaften Problemen, die (noch) nicht zu lösen waren.
Monelle Sarfati und Kenan Mortan nähern sich dem Phänomen, indem sie im Sinne von Claude Levi-Strauss nach den Adaptionsprozessen fragen, die in diesen 50 Jahren stattgefunden haben. In einer von 2009 bis 2011 durchgeführten Studie in drei deutschen Städten befragten sie Migranten unterschiedlicher Generationen und sozialer Schichten nach ihren Erfahrungen und den Veränderungen in der Mentalität, die sie von ‚Türken‘ zu ‚Deutschländern‘ werden ließ. Die Figur des ‚Bricoleurs‘, der sich die zunächst fremde Umgebung anverwandelt und sich durch das Aufnehmen des ihm Fremden verwandelt, zieht sich leitmotivisch durch die Untersuchung ganz unterschiedlicher migrantischer Milieus, die nur in den seltensten Fällen geschlossen erscheinen. Der Grad der ‚Integration‘ ist dabei weniger von ethnischen als vielmehr sozialen Kriterien abhängig.
Die Studie von Kenan Mortan & Monelle Sarfati besticht durch Detailreichtum, die Unterschiedlichkeit der vorgestellten Charaktere und Schicksale und Schlussfolgerungen, die weder beschönigen noch verteufeln, sondern nach Perspektiven der ‚Deutschländer‘ fragt. Dabei werden im positiven wie negativen die praktischen Fortschritte der derzeitigen Integrationspolitik in Deutschland und ihrer Auswirkung auf die Gesamtgesellschaft einer kritischen Betrachtung unterzogen.