Straßenfotos. Hamburg um 1975

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Anfang der 1970er Jahre tauschte der junge Fotograf Thomas Henning die Kunstschule in Hamburg mit der Kaserne in der Provinz, aber schon bald aber trieb es ihn zurück und immer häufiger setzte er sich mit seiner Nikon F in den Zug nach Hamburg. Die Bilder in diesem Buch folgen dem Rhythmus dieser spontanen Streifzüge: ein Matrose in der Wandelhalle des Hauptbahnhofs, der Gang über geräumte Trümmergrundstücke in St. Georg, ein stolzer Portier vor dem Hotel ‚Vier Jahreszeiten‘ und die übernächtigten Gäste bei ‚Eier-Carl‘ auf dem Altonaer Fischmarkt.

In einer Zeit, in der die deutsche Kunstfotografie sich strenge und serielle Sichtweisen erarbeitete und eine freiere Straßenfotografie weitgehend verwarf, nimmt die Fotografie von Thomas Henning Alltäglichkeiten ins Visier, zerlegt das Objektiv die Umgebung in Einzelteile und scheinbar zufällige Ausschnitte, aus denen die Stadt in der Dunkelkammer neu ersteht. Dieses Hamburg-Porträt macht vielfältige Spuren der späten Nachkriegszeit lesbar und verdichtet eine nur vordergründig subjektive Fotografie zum Dokument ihrer Zeit: Auf Trümmergrundstücken und vor hoch aufragenden Brandmauern zeigen sich proletarisches Leben und neue, alternative Lebensformen neben den Errungenschaften eines neuen Wohlstands. Selbstbewusst posieren die unterschiedlichsten Menschen inmitten einer verwilderten Stadtlandschaft.