„Was man von hier aus sehen kann“ ist zum Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen 2017 gewählt worden, ein Preis, der von Buchhändlern in ganz Deutschland vergeben wird. Und damit ist von vornherein klar, dass dieses Buch besonders sein muss. Über den Ladentisch eines Buchhändlers gehen zig Bücher, täglich beraten sie Kunden, geben Empfehlungen zu jedem Geschmack und Genre, kennen den Inhalt unzähliger Bücher, zumindest grob, lesen in ihrer Freizeit Vorabexemplare, halten sich auf dem aktuellen Stand, kurz sind täglich von vielen, vielen Büchern umgeben, darunter viele wirklich gute. Wenn dann eines dieser Bücher aus der Menge so herausragt, dass es preiswürdig erscheint, dann muss es eben genau das sein: besonders, anders als die anderen.
Die ersten Ausschnitte aus diesem Roman habe ich bei einer Lesung von der Autorin Mariana Leky gehört. Und kann das wirklich empfehlen. Das Buch danach mit ihrer unverwechselbaren und charmanten Stimme im Kopf zu lesen, hat das Lesevergnügen definitiv noch erheblich erhöht. Und dazu geführt, dass ich erstens noch weitere ihrer Bücher lesen und zweitens möglichst keine ihrer Lesungen in meinem Umkreis verpassen werde.
Aber für die wenigen, die den Roman tatsächlich noch nicht gelesen haben werden: worum geht es eigentlich?
Es geht um Dorfleben, um Alltag und um die Liebe in ihren unterschiedlichen Facetten. Es geht darum, herauszufinden, wie man leben möchte, um verpasste Momente, um Weggabelungen und darum, die richtige Richtung zu finden und den Mut zu haben, sie dann auch einzuhalten. Es geht um Zusammenhalt und Nähe und darum, sich im rechten Moment zu kümmern. Und es geht um Okapis und was sie unwissentlich anrichten, wenn sie einem im Traum erscheinen.
Mariana Leky gelingt es auf eine sehr warmherzige und humorvolle Art, den Wunsch zu erwecken, doch bitte, bitte in dieser Dorfgemeinschaft aufgenommen zu werden, das Große für das Kleine tauschen zu können, zwar nicht behütet, aber doch akzeptiert zu leben, mit den bekannten Marotten, von denen jeder weiß, aber sie nur selten bekrittelt. Es ist die Wärme, das Halt nehmen und geben, was das Buch wie einen roten Faden durchzieht. Die Sorgen und Schmerzen können noch so groß sein, und das sind sie streckenweise eben, weil das im Leben nun mal so ist und sich nicht vermeiden lässt, allein gelassen wird damit niemand. Und das ist das Besondere an diesem Buch: die Helden sind normale Menschen. Selma etwa, die aussieht wie Rudi Carell, oder der Optiker, der ein Gespür dafür hat, immer dann da zu sein, wenn jemand ihn braucht. Sie alle sind nicht einem Hollywoodfilm entstiegen, sind nicht extrem mutig, klug oder schön. Und trotzdem leuchten sie von innen, sind so mutig wie nötig, um das Leben zu bewältigen, so klug wie nötig, um den Alltag zu erhellen und so schön, wie sie in den Augen eines liebenden Gegenübers eben sind.
Und so kann auch ich nur in den Chor der begeisterten Stimmen eintreten und „Was man von hier aus sehen kann“ als unbedingt lesenswert weiter empfehlen. Wenn ein Buch den Alltag für einen Moment erhellen kann, das Leben ein bißchen wärmer macht, dann sollte es doch von möglichst vielen gelesen werden.
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