Sigmaringen

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Im September 1944 erlebte ein kleiner Flecken Deutschlands mit Namen Sigmaringen, der bisher von den Schrecken des Krieges verschont geblieben war, von heute auf morgen mit der Ankunft der Vichy-Regierung einen der finstersten Abschnitte der französischen Geschichte: an der Spitze Marschall Pétain und Präsident Laval, ihre Minister, eine Truppe von Milizionären und zweitausend zivile Franzosen, die der Bewegung gefolgt sind, darunter ein gewisser Céline.
Für ihre Aufnahme hatte ihnen Hitler das Schloss des Fürsten von Hohenzollern, seit Jahrhunderten die Herren der Örtlichkeiten, zur Verfügung gestellt. Alles liegt von nun an in den Händen von Julius Stein, oberster Butler der erlauchten Adelsfamilie. Stets nahe am Schauplatz des Geschehens geräuschlos agierend, hört, sieht, erfährt er alles.
Während die Alliierten sich unerbittlich der Donau nähern und sich der Schraubstock immer enger zusammenzieht, richtet sich Sigmaringen als Klein-Frankreich ein. Skandale, Verrat, Spionagegerüchte, Eifersüchteleien, das Exil hat die Leidenschaften nicht ausgelöscht. Manche träumen von Legitimität, andere davon, eine trübe Vergangenheit wegzuwischen oder ihre Ambitionen noch zu befriedigen.
Aber Sigmaringen ist nur eine Illusion. Der Untergang des Dritten Reiches steht unmittelbar bevor, und acht Monate nach ihrer Ankunft werden alle diese Franzosen fliehen müssen, um ihre Haut zu retten.
Nichts von diesem Schattenspiel entgeht Julius Stein. Seine diskrete Liebesaffäre mit Jeanne Wolfermann, der Verwalterin des Marschalls, wird ihn dazu führen, aus seiner Zurückhaltung auszubrechen und Partei zu ergreifen.