Tamera.

Ein Modell für die Zukunft

Heilung von Mensch und Erde
Ein Buch über das Projekt „Tamera“
Rezension von Hermann Haring

Die Vision eines gewaltfreien menschlichen Zusammenlebens in nachhaltiger Kooperation mit der Natur führt das Projekt Tamera im Süden Portugals seit seinem Start vor 15 Jahren. Inzwischen nimmt die Vision mehr und mehr Gestalt an. Darüber hat die deutsche Journalistin Leila Dregger ein Buch geschrieben und mit vielen Bildern anschaulich gemacht: „Tamera – ein Modell für die Zukunft“.

Zukunftswerkstatt, Gemeinschaftsexperiment, Ökologisches Friedensdorf sind Attribute, die Tamera zugeschrieben werden. Fast 200 Menschen leben und arbeiten dort in Monte do Cerro, einem sich über 134 Hektar erstreckenden hügeligen Gelände nahe der Stadt Odemira. Sich selbst sieht Tamera als Heilungsbiotop; einen sich planetarisch vernetzenden Ort, an dem Friedenswissen erarbeitet, weitergegeben und praktisch angewandt wird.
„Ist ein anderes Leben tatsächlich möglich? Die globale Entwicklung macht heute wenig Mut und Lust auf Zukunft“, schreibt Leila Dregger. „Um uns eine andere Welt, eine positive Zukunft überhaupt vorstellen zu können, brauchen wir Orte, an denen wir sie real aufbauen – zunächst in kleinem Maßstab. Das ist die Bedeutung von Modellen.“

Tamera – der Name war eine Eingebung und bedeutet in einer alten Sprache „am Urquell“ –liegt in der Provinz Alentejo, in der wie auch im übrigen Südeuropa weite Flächen immer mehr austrocknen und Wüstenbildung sich abzeichnet. In Zusammenarbeit mit dem österreichischen Agrarreformer Sepp Holzer hat Tamera begonnen, mit einer Reihe großer Rückhaltebecken eine Wasserlandschaft mit umgebender Permakultur zu erbauen, um das umliegende Land langfristig wieder feuchter und fruchtbarer zu machen.
Um dieses Modell geht es im ersten großen Kapitel des Buches. „Ich habe mich auf diejenigen Projekte von Tamera konzentriert, in denen der Modellcharakter bereits äußerlich sichtbar wird“, schreibt die Autorin.
Auch das folgende Kapitel hat mit angewandter Ökologie zu tun: Im Zentrum des Geländes entsteht das „Solar Village“, gedacht als Modelldorf für 50 Menschen, die sich autark mit Energie für Wärme, Kochen und Strom versorgen. Dafür entwickelte Technologie des süddeutschen Physikers und Erfinders Jürgen Kleinwächter, der mit Tamera kooperiert, wurde in den letzten Jahren installiert und ist so konzipiert, dass sie keiner großindustrieller Fertigungsprozesse bedarf und fast vollständig auch in Anwenderländern der Dritten Welt hergestellt und betrieben werden kann.
Wichtig für die Überlebensfähigkeit eines Solar Village ist genauso seine soziale Nachhaltigkeit. Vom Wissen und den Erfahrungen, die dazu führen, ist in den folgenden Buchkapiteln die Rede. Zunächst wird Tamera als weltweit vernetzter Ausbildungsort beschrieben, dann das Leben in Tamera. „Aus allen Erdteilen kommen junge Friedensarbeiter, um hier zu studieren und sich in den Kenntnissen und Fähigkeiten auszubilden, die für den Aufbau von Friedensdörfern und autonomen Siedlungen gebraucht werden. Die Basis aller Fächer ist das Lernen von Gemeinschaftsaufbau und sozialer Kompetenz.“

Forschung und Erfahrung in diesen Bereichen gab es bereits in dem sozialen Experiment „Bauhütte“, dem Vorprojekt Tameras; einige Menschen in Tamera, unter ihnen die Mitbegründer Dieter Duhm und Sabine Lichtenfels, arbeiten schon über 30 Jahre in diesem Kontext.
Über ihre Geschichte berichtet das Buch. Hinzu kommen kleine Kapitel über spezielle Projekte, die im Laufe der Jahre in Tamera entstanden sind. Dazu gehören die „Grace“-Pilgerschaften von Sabine Lichtenfels, der Platz der Kinder, die Jugendschule „Globales Lernen“, das „Institut für globale Friedensarbeit“, der Steinkreis als Archetyp einer Friedensgemeinschaft und Werkzeug spiritueller Bewusstwerdung.

Außerhalb gewohnter Strukturen neue Perspektiven zu entwickeln, war ein Argument der Gründer, Tamera im Süden Portugals aufzubauen. Ihr Dank geht in einem der einleitenden Beiträge dieses Buches an das Land, das sie aufnahm. Inzwischen gibt es viel Interesse und Unterstützung bei lokalen und regionalen Körperschaften und Universitäten des Landes, worüber dieses Buch auch informiert. Es erschien Anfang September 2010 gleichzeitig in deutsch, englisch und portugiesisch. Die freie Journalistin Leila Dregger lebt immer wieder längere Zeit in Tamera. Sie war in Deutschland Herausgeberin der Zeitschrift „Die weibliche Stimme“. Informationen über Tamera enthält auch die Homepage: www.tamera.org.