Münchner Salons

von

Eine Buchpublikation zum literarischen Salon in München fehlt bis heute – anders als für Städte wie Paris, Berlin und Wien, für die es grundlegende Untersuchungen zur Geschichte dieser Institution gibt. Und auch die Münchner Salonièren, die Betreibe-rinnen, Organisatorinnen und Seele der literarischen Salons, sind auf dem Buchmarkt bestenfalls mit mehr oder minder seriösen Biografien präsent. In diesen aber kann das Thema ‚literarischer Salon’ nur ein Aspekt unter vielen sein.
Diese Forschungslage entspricht dem niedrigen Stellenwert, den München bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts in der internationalen literarischen Szene hatte. Zwar hatten die Wittelsbacher, Ludwig I., Max II. und Ludwig II., viel getan, um das bild-künstle-rische und wissen¬¬schaftliche Renomée ihrer Haupt- und Residenzstadt zu heben und dem der preußischen und der Habsburger Metropole anzugleichen. Das aber gelang, was das literarische Leben angeht – trotz des in Schwabing vorhandenen künstlerischen Potentials – erst spät und nur rudimentär. Für das literarische Leben fruchtbar wurden die Initiativen der Wittelsbacher in der Gründung von literarischen Gesellschaften, wie dem ‚Verein für deutsche Dichtkunst’ 1848, (später ‚Die Krokodile’), der ‚Münchener literarischen Gesellschaft’ und nach 1945 der ‚Gruppe 47’, nicht aber in literarischen Salons. Warum das so ist, wird zu fragen sein. Auch als Buch- und Verlagsstadt erreichte München erst um 1900 und wieder nach 1945 internationales Niveau.
Dem entspricht die Entwicklung der relativ wenigen literarischen Salons, die – in München wie anderswo – aus Privatinitiativen entstanden. Für München zu nennen sind – nach aktuellem Forschungsstand – die Salons von Elsa und Max Bernstein, Carry Brachvogel, Elsa Bruckmann und ihrer Tochter Eugenie Scheuffelen, Hertha Koenig, der Naturwissenschaftlerin Therese von Bayern und dem Schriftsteller Ernst v. Wolzogen. Die in München wie in Wien und Berlin in diesem Bereich produktiven Milieus sind der Adel (Therese von Bayern), das reiche Judentum (Elsa und Max Bernstein), die bürgerliche Variante der Schwabinger Bohème (Carry Brachvogel, Ernst v. Wolzogen) und das gesellschaftlich und politisch aktive Unternehmertum, auch mit Nähe zum NS-Regime (Elsa Bruckmann).