Das unglaublich sonnige Wetter der letzten Woche bot sich dafür an: für den ersten Sommerroman des Jahres. Und über was liest man bei fast dreißig Grad am liebsten? Richtig, über Eis bzw die Kunst des Eismachens. Daher fiel mein Blick im Regal mit den ungelesenen Büchern recht schnell auf Ernest van der Kwasts Roman.
Er erzählt die Geschichte der Talaminis, Eismacher der ersten Stunde und seit Generationen, aus einem kleinen Dorf in den Dolomiten stammend. Jedes Jahr im Frühjahr fahren sie zu ihrem Eiscafé nach Rotterdam, um erst im Winter nach Hause zurückzukehren.
Der Roman lässt sich gut an, beginnt mit dem Urgroßvater des Erzählers, mit der Idee zur Nutzung von Gebirgsschnee. Eingeschoben sind kleine Exkursionen in die Historie der italienischen Eisherstellung, über die Entwicklung der Maschinen, über die wichtigsten Eismacher, die Traditionen in dem Gewerbe.
Nun sind Schriftsteller aber selten zufrieden damit, nur die Geschichte einer Berufsgruppe in Romanform zu verfassen. Und so entwickelt auch van der Kwast einen vermeintlich spannenden Plot um die jüngsten Talaminis, zwei Brüder. Der ältere wendet sich vom Handwerk ab und widmet sich der Lyrik und Poesie, der jüngere muss somit die Tradition weiterführen. Es kommt zum erwarteten Zwist. Da das aber immer noch nicht reicht, verlieben sich beide in dieselbe Frau. Und auch dazu gibt es noch eine Steigerung, die ich nun nicht weiter ausführe.
Angereichert ist das Ganze mit schwülstigen, Verzeihung, sinnlichen Pettingszenen, und diversen Familienkrächen. Nun denn, wer’s mag…
Was mich persönlich jedoch wirklich geärgert hat, ist die Tatsache, dass van der Kwast diese ganzen Verwicklungen gar nicht nötig gehabt hätte, um ein spannendes Buch zu schreiben. Der Anfang in seinem ruhigen, bildhaften Fluss zeigt nämlich, was dieser Roman auch hätte werden können: eine Familiengeschichte, die das blinde Fortführen von Traditionen hinterfragt, ein Sommerroman, der Einblick gibt in das Leben der Eismacher,wie es sie ja in fast jeder Stadt, jedem Dorf gibt, die Geschichte zweier unterschiedlicher Brüder, die ihren Weg finden müssen. Das alles ist in Anklängen da, und wird dann wieder überdeckt von der Dreiecksgeschichte, die das Lesen für mich irgendwann eher zäh gemacht hat.
Ein Roman mit interessanten Anklängen, bei dem der Autor dem eigenen Können leider nicht getraut oder zu viele Soap Operas geschaut hat.
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