Es macht überhaupt keinen Sinn, an Schönwettertagen vor die Tür zu gehen. Die Ausflugsziele quellen über, die Gastronomie serviert unterbesetzt, schlechtgelaunt und viel zu teuer, alles ist anstrengend.
Besser, man bleibt zuhause, bis die aufgemotzten Cabrios wieder in ihren Garagen stehen, die Menschen mit Flipflops und buntbedruckten T-Shirts auf ihren Sofas sitzen und die Ruhe einkehrt, die sich alle auf ihrer Suche danach den ganzen Tag über gegenseitig zunichte gemacht haben.
Es ist noch lange hell und warm, kein Grund zur Eile.
In der Zwischenzeit liest man ein Buch.
Bei diesem hier hat der Verlag nichts ausgelassen, um es unattraktiv zu gestalten. Das Umschlagfoto erkennt man nur mit Mühe als bestickte Seide, der Titel klingt nach behördlichem Ratgeber für Ehehygiene, und der Klappentext – „Heirate mich, Elizabeth. Verlass mich nie. – Ich werde dich nicht verlassen, Edward“ – ist an abschreckender Wirkung kaum zu überbieten.
Niemals hätte ich diese Lektüre zur Hand genommen, wäre sie mir nicht von einer ernstzunehmenden Freundin mit den besten Empfehlungen zum Geburtstag geschenkt worden.
Schon im ersten Satz wird die saloppe Süffisanz der Autorin deutlich. Bald erkennt man den spöttischen Humor im Klappentext und später auch, dass der Originaltitel „The Man in the Wooden Hat“ zu recht entschlossen ignoriert und mit „Eine treue Frau“ ganz hervorragend ins Deutsche übersetzt wurde.
Die Geschichte beginnt im Hongkong der 1950er Jahre. Eine handvoll Protagonisten führt ein glamouröses Juristenleben in der britischen Kolonie, taumelt zwischen den Kontinenten Asien und Europa hin und her, an dem einen Ort immer voller Heimweh nach dem anderen.
Und ebenso, wie ein Mensch sich nach zwei Orten sehnen kann, so kann eine Frau zwei Männer lieben, jeden für sich und unabhängig voneinander. Untreu wird sie keinem der beiden. Die Autorin weiß das, und manche Leserin weiß das sicher auch. Der Spruch „das hat nichts mit uns zu tun“ ist in gleichem Maße wahr, wie er unzumutbar ist, dennoch: eine Entscheidung ist unmöglich. Diese kleine große Welt ist rund, daher führen alle Wege im Kreis und lassen uns immer wieder aufeinander treffen.
Wenn zum Schluss, nebensächlich und lapidar, denn das ist die große Stärke der Autorin, alle Fäden verknüpft wurden, alle scheinbar harmlosen Sätze eine Bedeutung bekommen haben und beim Leser die letzten Groschen und Pfennige gefallen sind, dann kann man auf einer sonnenwarmen Bank im stillen Park nochmal die erste Seite aufschlagen und von vorne beginnen.
Schließlich bleibt es lange hell.