Vor allem eine sehr subjektive Angelegenheit. Die Protzkarosse vor der Tür? Oder mal für einige Stunden allein zu sein? Für mich wären es ein paar Monate in einem tibetischen Kloster mit speziellen Unterweisungen.
Luxus, so die Definition, fasst Phänomene zusammen, die von vielen als erstrebenswert erachtet werden, die sich aber nur wenige leisten können. Etwa Zeit zu haben, in der westlichen Welt das vielleicht rarste Gut überhaupt.
In Hamburg haben sich ein sehr reicher Mann und seine Berater Gedanken über Luxus gemacht. Was bedeutet er für diejenigen, die schon alles haben und sich alles leisten können? Zufällig baute dieser Mann gerade ein Hotel an einem sehr exponierten Ort, nämlich an der Hamburger Alster, und benannte es nach der Straße, in der es steht: The Fontenay. Die teuersten Betten in Hamburg, die allerdings ungern nach außen hin prahlen, sondern sich lieber in hanseatischer Zurückhaltung üben. Der Neubau ist so weiß, so groß und so organisch-amorph, dass man ihn in der kleinen Straße gar nicht auf Anhieb findet. Klingt paradox, aber wer mal unmittelbar vor einem gewaltigen Kreuzfahrtschiff gestanden hat, der kennt das Phänomen: Man muss schon sehr weit nach oben schauen, damit es einem auffällt.
Im Inneren wird es dann etwas knalliger. Uns begrüßen kunstvoll arrangierte Blüten in langen Glasröhren – mit pink eingefärbtem Blumenwasser. Macht man das noch so? Oder schon wieder? Genauso subjektiv wie Luxus.
Reißen wir uns von der Deko los und besinnen wir uns auf unsere Mission. Heute wollen auch wir die Antwort auf die Frage nach dem Luxus finden. Dafür schlendern wir ins Herzstück des Prachtbaus, ins Atrium, denn von da aus geht sie ab: die Bibliothek, kuratiert von Marina Krauth, Geschäftsführerin der Kunstbuchhandlung Felix Jud.
Auf 18 Regalmetern reihen sich ca. 1000 Bücher, die hier und da einen Bogen zum luxuriösen Geschmack ihrer Leser schlagen wollen. Zum Beispiel Bildbände mit Titeln wie Cashmere oder Porsche. Daneben geben sich ein Fitzek oder Takis Würgers Debüt Der Club geradezu bodenständig. Dazu ein bisschen klassische Garnitur: Gedichte von Goethe oder Melvilles Moby Dick.
Auf dem Chesterfield-Pouf liegt ein Pracht-Bildband von Michael Poliza: Classic Africa. Die Duplexfotografien darin wirken an diesem Ort wie aus einer anderen Epoche. Aber nicht der, als Afrika noch terra incognita war, als der Lebensraum der Tiere noch nicht bedroht und der Mensch kaum spürbar war. Sondern wie das Zeugnis eines arroganten kolonialen Narrativs. Wir lernen dazu: Der Kontext der Rezeption ist entscheidend für die Wahrnehmung des Rezipierten!
Und noch jemand lernt dazu: In die Abgeschiedenheit dieses Raumes hat sich ein Abiturient verkrochen. Während seine Mutter die alte und die neue Kunsthalle besichtigt, paukt er für seine Prüfung in der kommenden Woche. Vielleicht ist das gerade der größte Luxus im ganzen Gebäude: Zugang zu Bildung und eine Jugend, für die noch alles möglich ist. Bis dann die Luxusprobleme kommen.
Text: Dörte Brilling und Thordis Rüggeberg | Fotos: Thordis Rüggeberg