Mit diesem Buch ist es ein bisschen wie mit Feuchtgebiete von Charlotte Roche: ein Riesen-Brimbamborium, jeder hat’s gekauft und keiner hat’s gelesen. Dann die Plagiatsvorwürfe an die minderjährige Autorin, der Text sei aus fremden Blogs zusammenkopiert, pfui. Plagiatsvorwurf war das Lieblingswort der Medien seinerzeit, da schwappten literweise Plagiatsvorwürfe durchs Land, Doktorarbeiten, Debütromane, nichts war davor sicher.
Die Entscheidung für Axolotl Roadkill, im übrigen ein hammermäßiger Titel, meiner Meinung nach, fiel vor zehn Minuten. Jetzt bin ich auf Seite 25 und weiß bereits: wir haben ganz klar ein paar Gemeinsamkeiten, Helene-Herlinde und ich, wir waren zum Beispiel beide mal sechzehn.
Keine Ahnung, wie das bei euch ist, ich jedenfalls kann mich noch plastisch daran erinnern. Das war eine harte Zeit, so rein innerlich, nach außen hin nicht so. Ich kam mir damals auch unheimlich schlau vor, durchblicker-mäßig superschlau, und habe eine Menge verworrenes Zeugs niedergeschrieben, das ich für unfassbar tiefsinnig hielt. Allerdings muss man sagen: die Autorin macht das eindeutig besser als ich. Die kennt viel mehr Wörter, Analverkehr zum Beispiel, ich bin mir einigermaßen sicher, dass ich davon mit sechzehn noch nie etwas gehört hatte. Vielleicht hatte ich aber schlichtweg nur kein Blog, aus dem ich das kopieren konnte, oder einfach eine behütete Provinzkindheit.
Nach 25 Seiten kann man noch nicht allzu viel feststellen, außer, dass es bei mir nicht häufig vorkommt, dass ich nach nur zehn Leseminuten schon drei Zettel ins Buch gelegt habe, um bemerkenswerte Textstellen zu markieren.
Auf Seite 15 zum Beispiel hebelt die Autorin die Plagiatsvorwürfe aus, in einem Dialog der Hauptperson Mifti mit einem gewissen Edmond:
„Es ist egal, woher ich die Dinge nehme, wichtig ist, wohin ich sie trage.“
„Es ist also nicht von dir?“
„Nein. Von so einem Blogger.“
Und wo immer Helene-Herlinde es hergenommen hat: ihr klarer Verdienst war es, es an die Spitze der Bestsellerlisten zu tragen.
Als letzter-Satz-Fetschistin habe ich, wie immer, den Schluss zuerst gelesen, der gefällt mir nicht. Aber niemand sagt, dass Lesen ausschließlich Spaß machen muss. Das macht Sechzehn-Sein unterm Strich schließlich auch nicht.
„Früher war alles so schön pubertär hingerotzt und jetzt ist es angestrengte Literatur.“ – Gleich erste Seite.
Ich misch´ mir jetzt noch einen, und dann sehen wir mal weiter.
(Helene Hegemann, Axolotl Roadkill, Ullstein, Berlin, 2010)