Cleeves war Schüler des Militärreformers Gerhard von Scharnhorst, umfassend gebildet, sprach Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch und war bekannt mit dem politischen System des aufgeklärten Groß-Britanniens. Seine Frau war Engländerin.
Mit Hilfe zeitgenössischer Aufzeichnungen, die noch verfügbar sind, haben wir versucht, den Blick durchs Fenster in die vergangene Zeit wachzurufen. Dabei konnte der Rückgriff auf eine Anzahl unterschiedlicher Autoren eine Multiperspektivität gewährleisten, die ein annähernd stimmiges Bild von den historischen Ereignissen zu vermitteln vermag. Auch wenn zur zentralen Person unserer Recherchen familiäre Beziehungen bestehen, so gehört diese Biographie dennoch nicht ins Genre der Familienforschung. Der Fokus liegt auf einem konkreten Einzelfall, der als Vorfahre zwar den Anstoß gab, uns jedoch in seiner Funktion als Artillerieoffizier zu allgemeineren historischen Feststellungen führte. In diesem Sinne sind die Schilderungen der historischen Ereignisse und ihrer Auswirkungen von genereller und nicht singulärer familien-bezogener Bewandtnis und hoffentlich auch Interesse.
Bei unserer jetzt intensivierten Recherche fanden wir viele interessante Zusammenhänge heraus, auch über die Familie, die uns bis dahin unbekannt waren. So z.B. die Tatsache, dass die Familie Cleeves ursprünglich aus Südengland, genauer aus Salisbury stammte und im Jahre 1718 nach Hannover gekommen war, um im königlichen Garten zu Herrenhausen eine kraftvolle Fontäne für König George I. zu errichten. Die Cleeves blieben fortan in Hannover als Kunstmeister – master of the water machine – des Königs, und damit ist die Familie auch ein Ergebnis der Personalunion zwischen dem Kurfürstentum Hannover und dem englischen Thron.
Dieser Tatbestand ist für das Selbstverständnis von Andreas Cleeves nicht unwichtig, denn er sah sich halb als Engländer und halb als Hannoveraner und war so für die Flucht nach England im Jahre 1803 sprachlich und mental bestens gewappnet. Die familiäre Disposition sollte deswegen in diesem Buch nicht fehlen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf seinem inneren Konflikt als Offizier, der durch die Liebe zu zwei Frauen, natürlich Engländerinnen, verursacht worden war und aufgrund der ständisch geordneten Gesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur eine Lösung ermöglichte. Eine Konstellation, die sich durch die Umstände notgedrungen ergeben musste und die auf seine Söhne nicht ohne Auswirkung blieb. Davon wird diese Biographie ebenfalls berichten, wenn auch der militärischen Laufbahn ein größerer Stellenwert eingeräumt wurde.
Seine Laufbahn öffnet den Blick auf die Rolle der Artillerie als ein in der Literatur wenig beachteter, aber dennoch militärhistorisch zu würdigender Bestandteil der Kings German Legion und damit der britischen Armee unter dem Oberbefehl von Wellington.
In der deutschen Militärliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts, besonders der preußischen, schlägt uns in der Regel ein starkes nationalistisches Heldenpathos entgegen, das gegen den Erbfeind Frankreich und Erzbösewicht Napoleon gerichtet ist. Die Augenzeugenberichte der hannoverschen Soldaten, die größtenteils erst später verfasst wurden, können sich oftmals eines anekdotischen Stils nicht enthalten. Es sind die der glücklich Überlebenden. Ein Zitat wie „Krieg ist Scheiße“ von Helmut Schmidt sucht man vergeblich. Wir haben allerdings auch immer wieder Berichte über die Opfer, auch die der Zivilbevölkerung, in die Berichterstattungen eingebaut. Unsere Darstellung versucht deshalb das klassische Verständnis von Militärgeschichte, sozusagen vom Feldherrnhügel aus betrachtet, zu vermeiden.
- Veröffentlicht am Dienstag 13. November 2018 von winterwork
- ISBN: 9783960145080
- 400 Seiten
- Genre: Geschichte, Sachbücher, Sonstiges