Geschichte im Westmünsterland

Beiträge der Gesellschaft für historische Landeskunde des westlichen Münsterlandes e.V.

Nach nur zwei Jahren können wir nun den dritten Teil der Sammlung westmünsterländischer Lebensbilder mit fünfzig Beiträgen vorlegen. Sie handeln von Persönlichkeiten, die entweder durch ihre Herkunft oder durch ihr Wirken mit dem Westmünsterland verbunden waren und die auf lokaler, regionaler oder überregionaler Ebene Bedeutendes geleistet haben. In manchen Fällen ist aber auch einfach ihr außergewöhnliches Leben erinnernswert.

Wie bei den vorigen beiden Bänden liegen den meisten Biografien frühere Veröffentlichungen zugrunde, die jedoch gekürzt oder überarbeitet wurden (der jeweilige Ausgangstext wird im Literaturverzeichnis genannt). Aber immerhin mehr als ein Drittel der Texte wurde erstmalig für diesen Band geschrieben. Wie in den vorigen Bänden haben wir auf einen detaillierten Anmerkungsapparat verzichtet und die Literaturangaben auf das Wichtigste beschränkt. Auch dieser Band wird wieder durch ein Personen-, ein Verfasser- und ein Ortsregister erschlossen: das Ortsregister nennt außer den Namen auch die Berufe oder Funktionen der besprochenen Persönlichkeiten.

Inzwischen kann man nach insgesamt 160 Lebensbildern in den
Wesmünstrerländischen Biografien einige Strukturen erkennen. Zunächst einmal zeichnen sich, was die Zahl der behandelten Persönlichkeiten angeht, erwartungsgemäß einige räumliche Schwerpunkte ab: für die neuere Zeit die Industriestädte Bocholt und Gronau sowie die Verwaltungszentren Borken und Ahaus, daneben – besonders für die Zeit des Ancien Régime – zwei Orte. in deren Umkreis Intellektuelle und Künstler wirkten: das Residenzstädtchen Anholt (Stadt Isselburg) und Vreden als Sitz eines hochadligen Damenstifts.

Ein Blick auf die Funktionen und Berufe der behandelten Personen vermittelt einen mentalitätsgeschichtlich interessanten Eindruck von den prägenden Milieus dieser Region. Die Mehrzahl der bisher aufgenommenen Texte geht, wie erwähnt, auf frühere Veröffentlichungen zurück – meist in Heimatkalendern, Kreisjahrbüchern oder anderen Publikationen der öffentlichen Verwaltung –. und das erlaubt einen Rückschluss auf die Veranlasser der Biografien. Diese beziehen sich häufig auf Politiker und führende Köpfe der Kommunalverwaltung, ebenso auf Angehörige der Geistlichkeit – vor allem der katholischen Kirche – oder auf Mitglieder katholischer (Missions-)Orden. Gut Vertreten sind ferner Regionalhistoriker, Regionalschriftsteller und Aktivisten der Heimatpflege. Auch Pioniere oder Lobbyisten der Landwirtschaft, die ja einmal die wichtigste Lebensgrundlage der Region war, werden mehrfach behandelt, während Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. z. B. aus der für das Westmünsterland so wichtigen Textilindustrie, deutlich unterrepräsentiert sind. Man kann durchaus die Tendenz erkennen, Vertreter des eigenen Standes zu würdigen, was Angehörigen der öffentlichen Verwaltung durch ihnen Zugang zu den Publikationsorganen relativ leicht fallt; daneben pflegt die katholische Kirche eine lange hagiografische Tradition. In den Biografien spiegelt sich so vor allem die katholisch-konservative Prägung der herrschenden Gesellschaftsschicht der Region wider.
(Aus dem Vorwort)