Tausend Zeilen Lüge

Das System Relotius und der deutsche Journalismus

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Es war der größte Fälschungsskandal seit Jahrzehnten: Ein Reporter des „Spiegel“ hatte Reportagen und Interviews aus dem In- und Ausland geliefert, bewegend und oftmals mit dem Anstrich des Besonderen. Sie alle wurden vom „Spiegel“ und seiner legendären Dokumentation geprüft und abgenommen, sie wurden gedruckt, und der Autor Claas Relotius wurde mit Preisen geradezu überhäuft. Aber: Sie alle waren – ganz oder zum Teil – frei erfunden.
Juan Moreno hat, eher unfreiwillig und gegen den heftigen Widerstand des „Spiegel“, die Fälschungen aufgedeckt. Er erzählt die ganze Geschichte vom Aufstieg und Fall des jungen Starjournalisten, dessen Reportagen so perfekt waren, so stimmig, so schön. Claas Relotius schrieb immer genau das, was seine Redaktionen haben wollten. Aber dennoch ist zu fragen, wieso jahrelang diese Fälschungen unentdeckt bleiben konnten. Juan Moreno schreibt mehr als die unglaubliche Geschichte einer beispiellosen Täuschung, er fragt, was das für den deutschen Journalismus aussagt – und über uns, die Leser.