Dschawachischwilis Erzählungen spielen zwischen Stadt und Land, zwischen Moderne und Tradition und führen nach Tiflis und bis nach Paris. Viele von ihnen rufen eine Epoche der Unruhe und der Umwälzungen wach, wie sie auch in sein Leben eingriffen: die Jahre von der russischen Revolution von 1905 bis zu der von 1917, von der georgischen Unabhängigkeit 1921 bis zu deren Zerschlagung nur drei Jahre später.
Immer wieder portraitiert Dschawachischwili vermeintlich Schwache, die »Erniedrigten und Beleidigten«: den Liliputaner »Tschantura«, der zur Jahrmarktsattraktion gemacht wird, oder Frauen, die männlicher Willkür und Gewalt ausgesetzt sind. Es geht um Liebe und Leidenschaft, um Not und um Verluste von geliebten Menschen, um »Schuld und Sühne« oder unerwartete Fügungen des Schicksals.
Zu den eindrucksvollsten Erzählungen gehört »Der Stein des Teufels« um die Entfesselung einer Masse von Menschen, die schließlich zur Selbstjustiz greifen und so von Opfern zu Tätern werden. In der Titelerzählung versucht ein junger Witwer mit dem Samtkleid seiner verstorbenen Frau zu leben, als sei es sie selbst.
Während Dschawachischwili heute als Romancier bekannter ist, zeigen gerade die hier gesammelten Erzählungen seine ganze Vielfalt. Die einfühlsame psychologische Figurengestaltung jenseits von moralischer Bewertung – häufig von Frauen –, die feine Ironie, der harte Realismus, das Aufgreifen der Volkssprache weisen ihn als einen herausragenden Schriftsteller seiner Zeit aus. Dabei fallen immer wieder Vergleiche mit französischer Literatur: mit Stendhal, Zola und Maupassant, aber auch mit Russen von Dostoevskij bis zu Ivan Bunin, von Gorkij bis hin zu Michail Bulgakov.
- Veröffentlicht am Montag 1. Oktober 2018 von Arco
- ISBN: 9783938375938
- 248 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählende Literatur