Münchner Reden zur Poesie

- vom Verhandeln des Poetischen im Öffentlichen

von

In ihrer ›Münchner Rede zur Poesie‹ widerspricht Nora Gomringer den Klischeevorstellungen von der Dichtung
als »Vademecum für die Herzgebrochenen« und dem Dichter,der »eher männlich als weiblich« ist und »eher lockiges
Haar als glattes« hat. Dem setzt sie ihre eigene Poetik entgegen, für die ganz andere Konzepte bestimmend sind:
»Wer da unkt, der Text müsse bar und bloß wie das Christkind zur Weihnacht VOR Ankunft der Heiligen Drei Könige
vor einem sezierenden Auge zu liegen kommen, hat dieKraft der Lyrik unterschätzt, die ich bewerten möchte wie
einen starken Theatertext, den selbst die ärgste Inszenierung nicht verfälschen kann, nicht trüben, nicht ruinieren.«
Im Zentrum dieser Poetik aber steht die vieldeutige Metapher des Netzes. Lyrik als »Netz-Angelegenheit« – dazu
gehören, neben vielem anderen, auch »die Maschen, die Löcher, das Nichts zwischen dem Etwas.«