See-le-ben

von

Noch ein Lyrikband aus Österreich? Ja. Und zwar „See-le-ben“ von Susanne Sommer. Es handelt sich um die erste lyrische Veröffentlichung der gebürtigen Burgenländerin.
Mit unvergleichbar kraftvoller Sprache kommen diese Gedichte daher. Klar, direkt. Anprangernd, einfühlsam. Vor allem auch verspielt. Oft sind es Sprachspiele, mit zahlreichen Anspielungen auf andere literarische Werke und auf Allerweltsphrasen, mit Wortneuschöpfungen, mit Sprachvermischungen. Manchmal wird auch gereimt. Meistens aber folgen die Gedichte einem freien Rhythmus, ja könnten gut und gern auch im rhythmischen Sprechgesang vorgetragen werden. Eindringliche Melodien, authentischer, ehrlicher Ton. In melancholischer, angriffslustiger, einsam verträumter Stimmung. Berührend und lebendig, in jedem Fall.
Worum es geht? Um die Region rund um den burgenländischen Neusiedler See, mit Anspielungen auf Historisches, Geologisches, Biologisches, Bekanntes, weniger Bekanntes. Und um Seelen- und Lebensfragen: Kann die Seele auf den Grund sinken? Wie funktioniert Meditation im Schilf? Wo befinden sich die lucky Lacken? Ist die Welt, wie sie heute ist, eine gute? Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Und: Wer bin ich eigentlich?
Antworten gibt es in 32 Gedichten. Kompakt, auf 56 Seiten. Die meisten Gedichte weisen einen Bezug zum Neusiedler See auf, aber nicht alle. Geografische Anhaltspunkte sind hier mit persönlichen Erfahrungen und Überlegungen verbunden. Hier geht es um Tiefen und Höhen, in Beziehungen wie gesellschaftlichen Entwicklungen. Hier geht es um Ursprünglichkeit und Zukunft. Hier geht’s aber auch um Erdachtes, Erwünschtes, Erträumtes. Hier wird verwischt, hier verschwimmen Ebenen. Undurchsichtig, wie der ins Zentrum gerückte See. Aktuelle Fragen, ewige Themen: Identität, Respekt, Gewalt, Konsum, Klimawandel, Spiritualität – Vieles drin. Es ist keine Lyrik zum Schwelgen, sondern zum Nachdenken. Zum Aufstehen, zum Verändern, zum Antwortensuchen und -geben. Susanne Sommer zeigt poetische und weniger poetische Seiten von Mensch und Welt. Und zwar ungeschminkt, und sehr persönlich. Ein achtsames Porträt, nicht nur des Neusiedler Sees.

Untermalt wird das Werk durch drei Ölgemälde der Wiener Schauspielerin, Sängerin und Malerin Pippa Galli: www.pippagalli.com