Ringelnatz und die Männer

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Zum Ringelnatz‘schen – Lebensnetzwerk gehören mehr als 130 Männer.

Darunter finden sich u.a. renommierte Künstlerkollegen der Schriftstellerei und der Bildenden Kunst sowie Galeristen, Kunstkritiker, Sammler, Fotografen, Freunde sowie Familienmitglieder, die Gruppe der sog. Nennonkels bis hin zu Verlegern. Teilweise ergibt sich eine Zuordnung zu Gruppen w.z.B. der Hermetischen Gesellschaft aus seiner Mitgliedschaft. Sein „Männer-Zirkel“ lässt sich, vergleichbar Baumringen, um sein Schaffen und um seine Person legen die engeren Kreise von Freunden und die weiteren beruflichen Kreise der Kollegen, Förderern u.ä.

Längst nicht alle der namenhaften oder weniger bekannten Protagonisten, die quasi als Satelliten des Ringelnatz-Universums gelten dürfen, konnten in dieser Ausstellung und erst recht in der Broschüre berücksichtigt werden. Es galt eine Auswahl zu treffen. 33 Persönlichkeiten in alphabetischer Reihung, beginnend mit Gottfried Benn und endend mit Julius Gescher, incl. einer Auswahl an F wie Familienmitgliedern und Fotographen und G wie Galeristen, können lediglich einen allerersten Einblick geben.

Darunter sind bekannte Persönlichkeiten, Berühmtheiten sowie eher unbekannte Personen, deren Leben und Wirken es vorzustellen gilt und deren Bezugspunkte zu Ringelnatz aufzuzeigen in der Forschung bis dato weitgehend unberücksichtigt blieb.

Diese Recherchen resultieren auch aus denen zur Ausstellung und der Publikation Frauen um Ringelnatz (Wurzen, 1913). So galt es eine Übersicht der Kontakte Ringelnatz‘ zu Männern seiner Umgebung zu erstellen. Die resultierende Namensliste eröffnet eine von prominenten Männern dominierte Welt, in die sich Ringelnatz fügt.

Nun hatte sich gezeigt, dass er zu Frauen einen besonderen Zugang findet durch seinen Charme, seine fast kokette Art zu flirten aber auch durch seine einfühlsame, verständnisvolle Art mit der er ihre Sympathien gewinnt als Freund, Berater wie auch als Mann.

Augenscheinlich verhält er sich unter Männern, besonders unter den dominanten Charakteren, sehr diplomatisch, meist nachgiebig und langmütig, eher zurückhaltend, selten taktierend, immer geschickt auf Ausgleich bedacht.

Die besonderen Zirkel aus homophiler Sicht bleiben ihm irgendwie fremd, wenngleich er sicherlich durch seine Zeit bei der Kaiserlichen Marine in vielerlei Hinsicht verschiedenste Spielarten von Liebe, Sex und Macht sowie männlicher Dominanz erlebt haben wird. Durchaus üblich in dem Felde der Kunst, hat er es u.a. mit einflussreichen z.T. jüdischen Geschäftsmännern zu tun, die sein Talent erkennen und durchaus bereit sind ihn zu befördern.

Bei Frauen wie bei Männern, hier wie dort, leidet Ringelnatz unter seinem Äußeren. Alles andere als ein Womanizer, legt er Wert auf eine durchaus gepflegte äußere Erscheinung. Seine kleine, zierliche Statur sowie die krummen Beine, die ausgeprägte Nase, dazu der leicht sächselnde Klang seiner Sprache, aber noch gravierender sein Bewusstsein an dichterische Grenzen zu stoßen – letztlich aufgrund lückenhafter Literaturkenntnis, all das macht ihm insgeheim immer wieder zu schaffen. Aber, man(n) schätzt ihn als kenntnisreichen, weltgewandten, witzigen wie auch klugen, hintersinnigen Künstler, Schriftsteller, Dichter besonders als Kabarettdichter und Maler wie auch als Gesprächspartner sowie als einfühlsamen, von Grund auf ehrlichen, verlässlichen Freund.

Wann immer er bei seinen Lesereisen von Hamburg bis München oder Zürich, von Düsseldorf bis Berlin oder Rastenburg auftritt, ist ihm der Intellektuellen-Zirkel der jeweiligen Stadt treu.

Vielfach nur sporadisch dokumentiert sind seine familiären- und verwandtschaftlichen Beziehungen, w.z.B. Vater, Bruder, Schwager, Muschelkalks 2.Mann, Schwiegervater, Onkels und Großonkel, was zum einen sicherlich seinen quirligen, unruhigen Lebensumständen geschuldet ist zum anderen aber ebenso kriegsbedingt ist.

Aus Kinder- und Schultagen wäre es der ein oder andere Lehrer, dessen Reaktionen auf seine Schülerprovokationen ihm imponierten; sie sind aber schwerlich zurückzuverfolgen.

Ähnlich schwierig steht es mit Namen und Unterlagen aus seiner Lehrzeit in Hamburg und widererwarten auch aus der Zeit bei der Kaiserlichen Marine.

Anders ist es mit seinen Nennonkels, Schriftstellerfreunde des Vaters, die nicht zuletzt auch einen gewissen Einfluss auf ihn als Schüler mit Ambitionen zur Schriftstellerei gehabt haben mögen.

Sein Verhältnis zu den für ihn wichtigen Männern scheint weniger intensiv und nicht ganz einfach gewesen zu sein. Wie Offiziere, die ein Seekommando haben und deshalb weniger oft im sog. Beförderungskarussell auftaucht als diejenigen mit einem Landkommando. So ergeht es in gewisser Weise auch Ringelnatz. Zu viel berufliches Eigenmanagement etwa für Organisation w.z.B. Lesereisen wird ihm abverlangt. Hinzu kommen private Alltagssorgen etwa Geldnöte, Adressverwaltung, Akquise, doppelte Haushaltung bishin zu Schuhreparaturen, Wäsche oder Gesundheitsproblemen – die eigene wie auch die der Partnerin beschäftigen Ringelnatz tag-täglich und rauben ihm Kraft.

Umso erstaunlicher pflegt er dennoch viele private Kontakte. Was ihm fehlt ist ein wirklich einflussreicher Ziehvater, der ihm den Rücken für kreatives Arbeiten freihielte und ihm zugleich, als geschäftstüchtiger Manager, kontinuierlich zur Seite steht, besonders in den schweren Zeiten zwischen den Kriegen, mit Inflation u. Rebellionen.

Dabei liegen ihm die allzu geschäftstüchtigen, sehr Ich-Bezogenen Charaktere gemütsmäßig wenig. Das aber ist für ihn als sensible Seele entscheidend.

Natürlich ist er bestrebt, sie alle für sich einzunehmen nach Möglichkeit für sich zu gewinnen. Hin und wieder werden dabei die Frauen seine Fürsprecherinnen. Deren „Göttergatten“ gewinnt Ringelnatz durch ‚solides Handwerk‘ sowohl in der Malerei als auch in der Dichtkunst, der Schriftstellerei und bei seinen Auftritten.

Sein Ringen um Anerkennung und Freundschaft der männlichen Kollegen, gelingt ihm. Nicht aus seinem familiär-gesellschaftlichen Background und dem daraus resultierenden Renommee heraus, ein Umstand den er nur 2x anklingen lässt, bei seiner 1. Verlobten Alma Baumgarten und dann gegenüber seinem Schwiegervater Wilhelm Pieper in Rastenburg. Ringelnatz punktet dann stets durch seine Arbeit und in zweiter Linie durch sein Image als „bunter Vogel“ und „Großes Kind“, als linkisch, kesser Pfiffikus. Doch allzu oft wird er dabei verkannt.

Dass seine Künstlerkollegen ihn gerne porträtieren und doch meist in die Überzeichnung, die Karikatur verfallen, macht ihn stolz und dann auch wieder zeigt er eben gute Miene…

Fürsorge, Gemütlichkeit und Fröhlichkeit kommen in seinem Umfeld nicht zu kurz. Man(n) fühlt sich durchaus wohl in seiner Gesellschaft. Durch die Gabe der Empathie reifen einigen wirklich tiefe Männerfreundschaften, aber sicherlich begegnen ihm daneben auch einige sog. Nassauer. Wenn überhaupt erscheinen solche Personen dann gelegentlich in einem Halbsatz, die Namen natürlich auf Initialen gekürzt, u.a. als briefliche kleine Warnhinweise an Muschelkalk.

Die 33 Namen reichen von:

Gottfried Benn (Mansfeld, Brandenburg 2.5.1886 – 7.7.1956 Berlin)

über „F“ wie Familie, und Fotografen

über „G“ wie Galeristen

bis Julius Gescher (Traben-Trarbach 4.5.1898 – 25.5.1945 Berlin) seinen „Nachfolger“ bei Leonharda Pieper= Frau Ringelnatz = Muschelkalk