Memento mori

Das kleine Buch vom Sterben im Abendland

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Der knappe einprägsame Aufruf „memento mori“ wurde im Hochmittelalter zum Begriff und appelliert daran, uns bereits im Leben unserer Endlichkeit bewusst zu sein, um am Wesentlichen unseres Daseins nicht vorbeizugehen. Im Altertum bedurfte man solcher und ähnlicher Erinnerungen noch nicht. Die Menschen führten ein Leben eingedenk ihrer Vergänglichkeit, und so wie Geburten, Initiationen und Heiraten fester Bestandteil der rituellen Strukturierung des Lebens waren, so war es auch der Tod. Antike Mysterienweihen boten Gelegenheit, die Angst vor dem Tod zu überwinden, um somit den Sterbenden einen guten Übergang in die jenseitige Sphäre zu gewährleisten. In Europa überlebten Teile einer solchen Sterbekunst bis zum Spätmittelalter und schlugen sich vor dem Hintergrund gefürchteter Seuchen, vor allem der Pest, in den Sterbebüchlein der Ars moriendi nieder; Texte, die den unmittelbaren Sterbeprozess begleiteten als auch der Einübung des Sterbens zur rechten Zeit dienten. Viele Mediziner fordern heute eine neue Art der Sterbekunst, um dem Wunsch nach einem menschlichen Tod gerecht zu werden. Gleichzeitig ist eine neue Bescheidenheit zu spüren. Ein vorsichtiges Sich-zurücknehmen, etwas vom sokratischen »Ich weiß, dass ich nichts weiß«, angesichts des durch Sterbe- und Bewusstseinsforschung zwar etwas transparenter gewordenen aber längst noch nicht entschlüsselten Mysteriums des Todes. Du stirbst wie du lebst, heißt es. Wirkliche Sterbekunst spiegelt sich in der Kunst, richtig zu leben. Dies bedeutet sowohl ein ehrfürchtiges Zugehen auf das Sterben am Lebensende als auch die Wahrnehmung des Sterbens als sinngebenden Horizont des Lebens.

Ein illustrierter Streifzug durch die abendländische Geschichte des Sterbens. Erzählt wird vom großen heroischen Tod wie vom kleinen stillen Tod, vom hässlichen, kämpferischen wie ergebenen Tod, von Pesttoten, Scheintoten, Untoten, vor allem aber von der Sehnsucht nach dem hellen, guten, wohlwollenden Tod.