Wow. Warnung: wenige Besprechungen lesen, hier darf nichts vorab verraten werden.
Was für ein Buch. Ich hatte mit nichts gerechnet und alles bekommen. Diese Sprache, diese Bildhaftigkeit, diese Figuren, die Handlung, die Wendungen.
„Über dem Hafen hing der Nebel. Er schluckte die Kräne in der Ferne, vielleicht hatte es sie auch nie gegeben, er verschluckte Hawks Schritte, schluckte das Echo, kühlte alles aus. Die Lichtkegel der Laternen kämpften sich durchs milchige Grau. Hier konnte einer abhauen und wiederkommen, dem Hafen war’s egal, und wenn du krepierst, macht das auch keinen Unteschied, dann komen andere und torkeln über das glattgestoßene Kopfsteinpflaster, die Ritzen voll mit Kronkorken, Kippen und vermasselten Leben.“
Herbert Hawk war aufgebrochen aus so einem vermasselten Leben nach Hamburg, um später von dort zu flüchten. Doch als sein geliebter Alfa Romeo abgefackelt wird und er später eine Streichholzschachtel findet, die ihn an die Vergangenheit erinnert, weiß er, er muss zurück. Jemand will ihn fertig machen.
Dieses feine Stück Literatur schrammt haarscharf an der Grenze zur Spannungsliteratur und ist gleichzeitig Milieustudie wie ein Stück Zeitgeschichte. Es berichtet über die Zeit der Nachkriegsjahre, von Vätern, die den Drill nie hinter sich gelassen hatten, von Hoffnungen und falschen Idealen und richtigen Lieben. Es ist die Welt, in der man sagt: „Ich bin die Treppe heruntergefallen“, es ist die Welt der Schausteller, Seeleute, der Schaubuden, kleinen Leute und großen Dealer. „Wenn nichts Hartes da war, schnüffelte sie Lackverdünner. Sie hätte auch in die Steckdose gefasst, um auf Törn zu gehen, sie war die offene Wunde und schrie nach dem Salz.“
Und dann der Erzählstil. Es fängt an im Jetzt des Jahres 1989, dann geht es in Zeitblenden zurück, bis die Geschichte auch für Hawk rund wird. Wunderbar.
Ich hätte ewig weiterlesen mögen. 5 Sterne.
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