Botho Strauß hat den schwäbischen Dichter Konrad Weiß (1880-1940) einen »erratischen Brocken der Literatur« genannt, dem »stets auch nur der aus allgemeiner Leserschaft Abgeirrte begegnen« wird. Es wäre denn auch nicht ganz richtig, das Werk dieses »Mystiker-Dichters« und »sprödsprechenden Nachfahren der Böhme, Tauler und Baader« (Strauß) als ein vergessenes zu bezeichnen, das es wiederzuentdecken gilt. Es ist nie entdeckt gewesen. Eine Öffentlichkeit, aus deren Blickfeld er hätte verschwinden können, hat sich für den katholischen Einzelgänger nie interessiert. Zwar hat Weiß seine wenigen Bücher stets in namhaften Verlagen veröffentlichen können, ist postum eine vierbändige Gesamtausgabe seines dichterischen Werks erschienen. Doch nur aufnahmebereite, das Schwierige und nicht auf Anhieb Verständliche nicht scheuende Einzelne, zu denen der Dichter Rudolf Borchardt und der Staatsrechtler Carl Schmitt gehörten, haben sich von dem wundersam-dichten, eigen- und einzigartigen Hauch seiner Sprache und seiner Botschaft anwehen lassen. Darauf beruht die untergründige und noch zu rekonstruierende Wirkung des Lyrikers, der zugleich Kunsthistoriker und Landschaftsdeuter, Laientheologe und Geschichtsphilosoph gewesen ist und in den 1920er Jahren zu den führenden Ideologen einer »gotischen Erneuerung« gehörte. Anders als die Auswahlbände von Friedhelm Kemp (Spuren im Wort, 1951) und Norbert Hummelt (Eines Morgens Schnee, 2005), in denen allein das lyrische Werk Berücksichtigung fand, gibt dieses Lesebuch ein in sechs Werkkreisen sich entfaltendes Bild des Weiß’schen Gesamtwerks, dessen Gehalt und innere Konstruktion zu erschließen zudem das Ziel eines den Werkauszügen folgenden interpretierenden Kommentars ist. Im Mittelpunkt steht dabei der Einfluß, den zentrale Motive und Begriffe der Weiß’schen Geschichts- und Weltauffassung, etwa die »Immaculataform« und das »Irdische«, das »Wort« und die »Schrift«, das »Bild«, die »Zelle« und das »Epimetheische«, auf das Denken von Carl Schmitt ausgeübt haben. Die Schriften von Konrad Weiß werden als Elemente einer Politischen Theologie kenntlich, die für den heutigen Leser von mehr als nur historischem Interesse zu sein vermag. »Das unstillbare Herz«, erstmals 2011 veröffentlicht, liegt jetzt in zweiter, korrigierter, leicht überarbeiteter und um den Essay »Görres« (1925) erweiterter Auflage vor.
- Veröffentlicht am Donnerstag 28. Mai 2020 von BoD – Books on Demand
- ISBN: 9783751937795
- 236 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik