I. – XII. (2017 – 2029)

Dichtungen von Michael Stoll

von

Das zeichenreiche, abstrakt-philosophische Werk der „Essenzen“ vermittelt dem Leser kaleidoskopartig Wortbilder die ihre Kraft aus einer befreiten,
unverbauten Natürlichkeit schöpfen. Darin reflektieren sie die vielfältigen, ganz eigentümlichen Einflusssphären des Künstlers: Das sensible Schauen auf die Außenräume des eigenen Lebenskreises, dem
skurrilen Spielfeld von Gesellschaft und Schicksal, die Faszination der Natur…; Schließlich, die unterschwellige Frage nach dem letzten Sinn, – und in zarten Untertönen die mögliche Antwort des Dichters darauf.

Das aufmerksame Hinhören in den Innenraum eigen Erlebtes; Erfahrung von Stärke und Zerbrechlichkeit, von Ergreifenwollen und Loslassenmüssen, von
gewonnenem Glück und verlorenen Kämpfen, von Zersplitterung altvertrauter Welten zieht sich wie ein roter Faden durch eine Wortgestaltung, die wie kaum eine andere aus der Unmittelbarkeit des Lebens fließt.
Die natürliche Abstraktion der Dichtungen – und nichts anderes als Dichtung im ehrlichsten Sinne wollen die „Essenzen“ sein, deckt sich oft mit der Symbolsprache archetypischer Bilder. Naturstimmungen, Atmosphäre
schaffende vertraute Formen werden zitiert, ohne dass der Leser sich an allzu Konkretem, Gekanntem, festhalten kann.

Jeder Versuch, es sich in den Texten gemütlich zu machen, entgleitet an
seiner Subtilität, seinem Fluss und provozierenden Kryptik; es ist das
‚Gewand‘, in dem die Dichtung in einer transformierten, neuen
mythologischen Gewandtheit an den Leser herantritt.
Michael Stoll spielt in seiner Dichtung bewusst wie intuitiv mit
archetypischen Sprachausdrücken, Wortstimmungen – mit Impressionen und Streiflichtern, die immer wieder um- und wegzukippen
drohen, und ganz unvorhergesehene Metamorphosen durchlaufen.

Der Dichter führt den Leser so über seine Lese- und Hörgewohnheiten
hinaus, um ihn in die Stimmung und Gedanken der „Essenzen“ einschwingen
zu lassen und ihm unerwartete Wahrnehmungs- und Verstehensräume zu
öffnen.