Die Nähe verlieren

von

„Wohin nach dieser Nacht, du und ich, und alle uns nahen Menschen, die die Nähe verloren haben?“
Eine Kindheit und Jugend in den 70er und 80er Jahren im ehemaligen Jugoslawien.
Ein Coming-Out. Fußball als Obsession, Flucht, die Abwesenheit der Eltern, das eigene und das fremde Leben. Das Ausbleiben von Erzählungen und Erinnerungen. Gewalt gegen Lesben.
Dragoslava Barzut verwebt in ihrem preisgekrönten Roman mit einer poetischen und höchst eigenwilligen Sprache Erinnerungen und Fragmente eines Aufwachsens vor und in einem unverständlichen Krieg, ein Sein in patriarchaler Gesellschaft, in der das Leben, die Identität und die Erinnerung gewaltvoll gebrochen und zersplittert ist.
„Elodi ist erschöpft vom Patriarchat bei Dolores, bei sich selbst, bei anderen. Erschöpft von heteronormativen Beziehungen, von irgendwelchen vorgezeichneten Normen und Formen. Von Ausreden, von Zwängen. Es sind die Flure, Fahrstühle, WC-Kabinen und Öffentlichen. Sie ist müde vom Unverständnis, das groß und kompliziert ist, unverständlich wie Bosnien.“

In schnell wechselnden inneren Monologen von Elodi, Dolores und weiteren Personen findet eine Suche statt – Elodi sucht nach Dolores, sucht nach einer Erinnerung an Gewalt, nach einem sich nicht Verlieren in den Anforderungen des Außen: Wohnungssuche, Polizeiverhör, Fußballspielen, Texte schreiben.
„Wir tauchen in den Schrank voller fremder Wäsche ein, um vielleicht ein Wort zu finden: was wir sind.“
Ein großer queerer Roman!