Im Fenster läuft der Black History Month, im stories! Quickie hat Annemarie Beurich unlängst „Die verschwindende Hälfte“ von Brit Bennett besprochen. In den USA kurz nach der Ermordung von George Floyd nicht nur zum Kassenschlager sondern zu dem Buch der Black Lives Matter-Bewegung geworden, ist es auch in Deutschland gross herausgekommen.
Ein Roman über Racial passing, die gezielte Partnerwahl zur ebenso gezielten Fortpflanzung von Schwarzen, um im Laufe von Generationen, einen immer helleren Hauttyp hervorzubringen. Brit Bennett erzählt über dieses Phänomen, das bis in die 60er Jahre durchaus üblich war, und über den extrem unterschiedlichen Umgang mit Hautfarbe der beiden Zwillingsschwestern Stella und Desiree. Beide sind bereits – also nach entsprechendem Passing – besonders hellhäutig. Beide sind sich einig, dass sie in einem kleinen Dorf nicht leben wollen und ziehen mit 16 Jahren nach New Orleans. Dort trennen sich schnell ihre Wege und Schicksale.
Stella versucht ihrer Herkunft radikal zu entfliehen und ihre schwarze Identität zu verleugnen. Sie spricht nicht einmal mit anderen schwarzen Menschen, um ja keine Nähe zuzulassen und unter Verdacht zu geraten. Ihre Schwester Desiree heiratet den schwärzesten Mann, den sie finden kann. Nach Jahrzehnten sucht sie Stella – und das Wiedersehen dient der Autorin einmal mehr die Konflikte, die der Rassismus in die Familien trägt, zu beleuchten.
Ein ergreifender Roman über den Verlust von Wurzeln und Identität, über Trauer – und natürlich Rassismus. Von Annemarie Beurich sehr empfohlen.
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