Mit Haut und Haaren

Eine Textcollage über Schmerzen und Revolution

von

József Hamuhegy, ein pensionierter Lehrer, der sich wegen chronischer Schmerzen und massiver Erschöpfung das Leben genommen hat, hat die Gedanken seiner letzten drei Stunden per Gedankenlesesoftware als Text auf seinem PC hinterlassen. Es ist quasi eine Botschaft aus dem Jenseits.
Die Hinterbliebenen haben diesen Text seinem Freund Felix Mies ausgehändigt. Der beschließt, den Text herauszugeben. Ein Grund dafür ist, dass sein Freund József an CFS, einer chronischen Erschöpfungskrankheit, die nun durch Corona Beachtung gefunden hat, peu a peu zugrunde gegangen ist. Außerdem haben die dunkelrote Zeitepoche und die Liebe zu Carmen traumatische Spuren in seiner Seele hinterlassen. Er fühlte sich gedemütigt. József hatte mehr als dreißig Jahre an der Krankheit gelitten und sowohl seitens einiger Ärzte als auch seitens seines sozialen und beruflichen Umfeldes entweder Nichtbeachtung, kränkende Fehldiagnosen oder auch beißenden Spott erfahren.
Felix Mies recherchiert über das Leben Józsefs in dessen Umfeld und interviewt dazu unterschiedliche Weggefährten seines Freundes. Auf diese Weise trägt er in Form einer Textcollage unsystematische Puzzlesteine von dessen Patchwork-Biografie zusammen, die er kommentarlos nebeneinanderstellt.
Das Buch zeichnet ein Bild eines politisch rot gefärbten Gesellschaftssegments der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Protagonist ist Sponti-Kommunist und für einige Jahre überregionaler Opinionleader. Er versteht sich selbst als radikaler Weltverbesserer, Anarchist und schließlich Öko-Pax-Aktivist, lebt über eine Dekade in einer Politzelle, einer Studenten-WG, und verirrt sich dabei in die Sphäre der sexuellen Revolution und anderer Heils-Dogmen. Seine Traumfrau Carmen betrügt ihn notorisch und er versucht erfolglos seine Eifersucht als Relikt bürgerlichen Besitzdenkens abzustreifen. Er scheitert auf ganzer Linie. Tschernischewskys Roman „Was Tun“ wird für ihn bedeutend.
Die Namen der Hauptprotagonisten lehnen sich an Prosper Mérimées Novelle „Carmen“ an und schlagen zudem eine Brücke zum Migrations-Hintergrund der ungarnstämmigen Familie des Protagonisten Hamuhegy József.