Sarahs Rache

Ein Stück

von

Vordergründig und formal ein Lustspiel, das – sieht man von den grotesken Inhalten ab – in Sachen Tempo, Leichtigkeit und Schlagfertigkeit den Vergleich mit klassischem Screwball nicht zu scheuen braucht, kommt doch im Verlauf des komischen Geschehens wie bei Kleists Zerbrochenem Krug immer mehr zu Tage, was nicht wirklich zum Lachen ist. Am Ende wird zwar Hiob ben Israel, die Hauptfigur, nicht nur mit dem Leben davongekommen, sondern plötzlich auch reich geworden sein. Dafür allerdings hat er seine Frau verloren, die ihm und dem Leben unter Menschen offenbar innerlich schon lange entsagt hatte und ja auch aus nekrophiler Liebe zur Mehrfachmörderin wird. Den Rest der Personage trifft es härter noch: fast alle – wie bei Titus Andronicus – tot zum Schluss, vergiftet, dabei nur um die Erkenntnis reicher sterbend, auch noch von den engsten Angetrauten betrogen worden zu sein. Ein Happy End sieht anders aus. The world is a lonely place. Und: Jeder ist sich selbst der Nächste – aber möchte man wirklich so jemandem nahe sein? Weiter als über den nächsten Vorteil hinaus können die Figuren in Sarahs Rache nicht denken und handeln. Tun sie‘s doch oder verspüren sie wenigstens den Drang dazu, reicht es nicht zu mehr als Sarahs Flucht – über Leichen – in eine ersponnene hoch privatistische und egoistische Fantasie.

Die Welt von Sarahs Rache, auch wenn das wohl ein Zufall ist, gleicht sehr derjenigen, die von den Coen-Brüdern in ihrem Film A Serious Man gezeichnet worden ist und noch mehr der Atmosphäre, die in den Kurzgeschichten von Ethan Coen erzeugt wird, und die damals schon von einer traurigen Nostalgie durchzogen waren. Unwillkürlich hat es Thomas Maul vielleicht also in die Sparte ‚jüdischer Humor des ausgehenden 20. Jahrhunderts‘ verschlagen, womit ihn jedenfalls auch die Unterhaltsamkeit und Kurzweil von Sarahs Rache verbindet – bei aller sarkastischen, gar pessimistischen Grundlage des Stücks: Vom Ende her erweist sich alles Handeln (im Guten wie im Schlechten) als vergeblich (Hiob/Sarah) und auch der Trotz gegen den Tod – Evas stetiges Wiedererwachen – kommt mangels Liebe (in dem Fall derjenigen Adams) zum endgültigen Erliegen.

(aus dem Nachwort von Bernd Volkert)