Liebe Gerda,
es ist alles maßlos traurig. Mit diesem unserem neuen Schlachtruf für un- und angenehme Dinge hätten wir die in letzter Zeit, auf gut Deutsch gesagt, wohl saumäßigsten Tage hinter uns gebracht. Zweimal 24 Stunden Märsche von je 20 km in diesem unheimlichen festen Schlamm, und wir wären dem Iwan, seiner Umklammerung und damit unserm nicht allzu lieb gewonnenen Kopfe, Abt. Süd, entronnen. Am meisten bedauerte ich die Pferde, die 10-spännig die Geschütze kaum bewegen konnten, aber wir brachten ihn hinter uns, den Bach mit seinen Steilufern.
Ist es nun nicht maßlos traurig, wenn man von weißen Betten träumt und hier, am 9. Febr. bereits in Zelten hausen muß? Mit klammen Fingern schnell einen kurzen Gruß schreibt, den ein Urlauber mitnehmen soll, denn so etwas wie eine Postverbindung gibt es augenblicklich nicht. Es wird überhaupt viel Post verloren gegangen sein. Vernichtet oder Iwan liest sie. Aber laß man, bald wird es Frühling. Und für heute grüßt Dich recht herzlich
Dein Justus
Diesen und ähnliche Briefe bekam Gerda Gebers, eine junge Bankangestellte, zwischen 1943 und 1944 von einem jungen Offizier, der in Russland an der Front kämpfte. Lesen sie einen Teil deutscher Geschichte – aus einem sehr persönlichen Blickwinkel.
- Veröffentlicht am Mittwoch 20. November 2013 von Utz, Herbert
- ISBN: 9783831616961
- 96 Seiten
- Genre: Belletristik, Briefe, Tagebücher