Foliobände der Anderen Bibliothek

Morgenländische Erzählungen

von

„Ich weiß eine Geschichte voll seltsamer Begebenheiten. Wenn meine Prinzessin mir erlauben will, sie ihr zur Kurzweil zu erzählen, so zweifle ich nicht, daß sie viel Vergnügen daran finden werde.“
„Tausend und Ein Tag“ ist ein Stück vergessene Weltliteratur.

Die neue Edition der Anderen Bibliothek – zusammengestellt aus älteren und bewährten Übersetzungen – ist um Funde erweitert, die im 18. und 19. Jahrhundert in europäischen Bibliotheken und Archiven aufgespürt und von Reisenden, Forschern und Diplomaten aus dem Orient nach Europa gebracht wurden.

Opulent bebildert mit einem aufklappbaren und das ganze Werk durchziehenden Bildfries, collagiert aus einem Fundus von alten persischen, indischen und arabischen Abbildungen aus privaten und öffentlichen Sammlungen und Archiven, ersteht vor unseren Augen die unendliche Farben- und Formenvielfalt des Orients.

In den Anmerkungen erschließt Rainer Schmitz weitere unbekannte Welten: historische und politisch-geographische Zusammenhänge, orientalische Sitten und Gebräuche, altes, vergessenes Wissen über untergegangene Völker, Dynastien und Reiche. Ein ausführliches Nachwort beschreibt die spannende Editionsgeschichte und zeigt, dass die Beziehungen zwischen den beiden Werken – Tausend und Eine Nacht, Tausend und Ein Tag – vielfältiger sind als bislang bekannt.

Der Orient kennt Tausende Geschichten, die von seltsamen Ereignissen, wunderbaren Erlebnissen und unheimlichen Abenteuern erzählen.

1704 veröffentlichte der Franzose Antoine Galland seine Sammlung arabischer Erzählungen unter dem Titel Erzählungen aus Tausend und Einer Nacht. Die bis 1716 herausgegebenen zwölf Bändchen wurden zum ersten europäischen Bestseller mit enormer Resonanz.

1710 edierte Francois Pétis de La Croix, ebenfalls ein Franzose, im gleichen Verlag und in offensichtlicher Anlehnung an den überwältigenden Erfolg von Tausend und Eine Nacht eine Sammlung persischer Erzählungen unter dem Titel Tausend und Ein Tag.

Diese Sammlung von weiter aus dem Osten stammenden Überlieferungen ist anders: Die Geschichten sind nicht von einer islamisch-orthodoxen Patina überzogen, die die indischen und persischen Wurzeln verdeckt – hier spricht nicht wie bei der Übersetzung von Galland ein höfisch-europäisierter Orientalismus, sondern der Orient selbst.
Auch Tausend und Ein Tag wurde damals international berühmt, aber heute ist die Sammlung weitgehend unbekannt und keine Übertragung ins Deutsche für den Leser verfügbar.

Der Editor Rainer Schmitz, geboren 1950, lebt als freier Publizist und Lehrbeauftragter der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Sein Werk Was geschah mit Schillers Schädel? Alles, was Sie über Literatur nicht wissen, erschienen 2008, machte ihn bekannt. In der Anderen Bibliothek erschien von ihm die Neuedition von Henriette Herz in Erinnerungen, Briefen und Zeugnissen (Band 347).