Betäubter Schrei

von

Stefan B. nahm die Spritze, setzte sie am Zugang an und lächelte mich freundlich an.
Schwarzer Engel, schoss es mir durch den Kopf.
Dann drückte er die Spritze in meine Vene.
Plötzlich wurden meine Lider bleischwer.
Ich wollte sie gewaltsam aufreißen, doch meine Augen schienen eingefroren zu sein.
Ich bekam gerade noch mit, wie er den Tropf anschloss, dann war ich komplett weg.
Downstairs in the darkness.

In eine albtraumtiefe Dunkelheit steigt Manu B. in dieser verhängnisvollen Nacht, als sie im Einzelzimmer des Marienkrankenhauses in Hamburg liegt, betäubt von einem schwarzen En-gel in weißem Kittel eines Krankenpflegers, der sich an ihr vergeht. Ein Skandal sonderglei-chen. Ein jahrelanger Prozess beginnt. Bis zum Schluss sitzt Stefan B., der Krankenpfleger, unter einer stählernen Glocke des Schweigens und würdigt sein Opfer keines Blickes. Seine schmalen schwarzen Augen glitzern mit kalter, stechender Teilnahmslosigkeit.
Seit dem 23. Januar 2013 ist das Urteil des Landgerichts Hamburg – 4 Jahre und 3 Monate – in letzter Instanz vom BGH rechtskräftig entschieden.

Doch befreit aufatmen konnte Manu B. nicht: zu tief sitzt der Schock der seelischen Verge-waltigung. Sie glaubte sich geschützt unter der pflegenden Obhut des Krankenhauses. Wie ein Dolchstich unter dem Mantel der vertrauenden Schutzbefohlenen traf sie die Betäubungssprit-ze und machte sie zum willenlosen Opfer.

Manu B.‘s Enthüllungsbuch ist der erstaunlich geglückte Versuch, aus dem betäubten Schrei dunkler Ohnmacht wieder zu ihrer hellen inneren Stimme zu finden.