Vorwort des Verlages
zur Reihe „Edition Vertrauter Umgang”
Wer vor dem Hintergrund altbekannter Fragen von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auf der Welt und unter dem nachhaltigen Eindruck bestürzender Ereignisse des 11. Septembers seinen Blick aus Angst vor dem zu Sehenden vielleicht abwenden möchte, dem sei geraten, es doch einmal mit dem Gegenteil zu versuchen und genauer hinzusehen. Denn ungeahnte Dinge voller Schönheit könnten ihn dann überraschen.
Da mühen sich offizielle Verteter der Muslime, der Christen und der Juden in Verbindung mit solchen anderer Teile der Gesellschaft und des Staates um eine Haltung der Toleranz dem jeweils Fremden gegenüber. Und eine in den Sälen maßvoll bis trotzig beklatschte Propaganda läßt vergessen, wie mickrig solche Duldsamkeit indes doch ist, wird sie geschärften Blicks an dem gemessen, was möglich ist und gut und wahr und schön.
Daß der Fremde nicht bloß geduldet, sondern als besondere Erquickung genossen zu werden verdient, der vertraute Umgang mit ihm als eigene Köstlichkeit zu den schönsten Dingen zählte, die dem Bewohner dieses Planeten vergönnt sein möchten, dies ist eine Einsicht, zu deren Gewinnung wir schon eines ausgewachsenen Engels zu bedürfen scheinen.
So wird vom Gesandten Allahs – möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken – berichtet, daß er sagte: „Drei Dinge sind mir lieb von dieser, eurer Welt: Die Wohlgerüche und die Frauen; und den Trost meiner Augen finde ich im Gebet!“ Und seine Gefährten, die bei ihm saßen, Abu Bakr as-Siddiq, Umar, Uthman, Ali – möge Allah der Erhabene mit ihnen zufrieden sein -, zählten ebenso, einer nach dem anderen, die drei Dinge auf, die ihnen lieb wären von dieser Welt. Da erschien unter ihnen Jibra’il – Friede sei über ihm – und sprach: „Allah der Segensreiche und Erhabene hat mich gesandt, als Er eure Worte vernahm, und Er befiehlt dir, mich zu fragen, was mir lieb wäre von dieser Welt, wenn ich einer ihrer Bewohner wäre!“ Da fragte er ihn: „Was wäre dir lieb, wenn du einer der Bewohner dieser Welt wärest?“ Und er antwortete: „Die Irregehenden rechtzuleiten, der vertraute Umgang mit Fremden, die Gott gehorsam sind, und kinderreichen Familien in Bedrängnis beizustehen!“*
Dessen eingedenk, daß Gabriel, auf dem der Friede sei, den „vertrauten Umgang mit Fremden, die Gott gehorsam sind“, unter die ihm liebsten Dinge zählte, so er unsere Welt bewohnte, stellen wir die hiermit eröffnete Buchreihe unter den Titel einer „Edition Vertrauter Umgang“. Und wir bitten unseren Herrn um Schutz und Segen. Vertrauter Umgang mit Fremden verdiente es, jene offiziell so hochgelobte Toleranz zu ersetzen, der als Ausdruck herben Mangels in bloßer Abwesenheit von Schmerz doch jedes Positive, jede Spur von Liebe und alles Schöne fehlt.
Kaddour El Karrouch, der aus dem Maghreb stammt, verspricht, uns bei der Lektüre einer hinreißend erzählten Geschichte seines von zwei Welten befruchteten Lebens jenes vom Engel so geschätzten Glücks teilhaftig werden zu lassen. Wir freuen uns, mit seinem Buch die neue Reihe zu eröffnen. Und wir danken Scheich Bashîr Ahmed aus Bonn, der uns auf ihn aufmerksam gemacht hat.
Kandern im Schwarzwald
im Muharram 1424 / März 2003/ Salîm Spohr
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*) Aus den Munabbihat („Hinweisen zur Erweckung“) des Schihabud-din Ibn Hajar al-Asqalani (gest. 852 n. d. Hidschra), des wohl berühmtesten Hadith-Gelehrten seiner Zeit, Verfasser des bekannten Kommentars Fath ul-Bari zur Sahih-Hadith-Sammlung des Imam al-Bukhari.
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Vom frischgebackenen Koranlehrer in einem kleinen Dorf an der Nordküste Marokkos zum Straßenbauarbeiter einer deutschen Stadt – aus dem spannungsgeladenen Kontrast dieses Weges speisen sich feinfühlig erzählte Geschichten, die uns nicht bloß den umwerfenden Humor Allâhs bezeugen, sondern auch verstehen lassen, daß vertrauter Umgang mit Fremden, die Gott gehorsam sind, zu den schönsten Dingen zählen können, wenn man einer der Menschen ist.
- Veröffentlicht am Freitag 30. Mai 2003 von Spohr Publishers Limited
- ISBN: 9789963400294
- 160 Seiten
- Genre: Belletristik, Romanhafte Biografien