Dostojewski Sämtliche Romane und Erzählungen

Roman in vier Teilen

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Als Fürst Myschkin, letzter Sproß eines alten Adelsgeschlechts, nach langem Aufenthalt in einer Schweizer Heilanstalt im Zug die Bekanntschaft des Kaufmanns Rogoshin macht, ahnt er nicht, wie schicksalhaft diese Begegnung für ihn sein soll. Durch Rogoshin lernt er die ungewöhnlich schöne Nastassja Filippowna kennen und Aglaja, die Tochter des Generals Jepantschin. Von nun an bestimmen zwei starke Empfindungen sein Verhalten: die Liebe zu Aglaja und das tiefe Mitleid mit Nastassja, in der er als einziger nicht die Frau von zweifelhaftem Ruf, sondern den leidenden Menschen sieht. Fürst Myschkin, in dem Dostojewski einen „vollkommen schönen“, das heißt einen bescheidenen, demütigen und unschuldigen Menschen darzustellen beabsichtigte, wird hineingesogen in einen gefährlichen Strudel von Leidenschaften und Rivalitäten.

„Ist Tolstoi der Michelangelo des Ostens, so darf man Dostojewski den Dante dieser Sphäre nennen.“

Thomas Mann, Russische Anthologie

„Alle Schriftsteller, nicht nur unsere, sondern selbst die europäischen, wer immer sich an die Gestaltung des absolut Schönen gemacht hat – er hat es nicht geschafft. Das Schöne ist ein Ideal, und das Ideal ist bislang weder bei uns noch im zivilisierten Europa annähernd bestimmt. Da es auf der Welt nur eine absolut schöne Gestalt gibt – Christus, ist die Erscheinung dieser unermeßlich und unendlich schönen Gestalt freilich ein unendliches Wunder“, schrieb Fjodor Dostojewski am 13. Januar 1868 in einem Brief an seine Nichte Sonja Iwanowa.

Seine idealanthropologische Idee vom „vollkommen schönen Menschen“ stand im geistigen Kontext der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit wurde in der Öffentlichkeit über die Perspektive Rußlands und das Bild des „neuen“ russischen Menschen heftig diskutiert. Deshalb erschien Dostojewski die Poetisierung seiner Idee als außerordentlich wichtig. Die Zentralgestalt seines Romans „Der Idiot“, der Fürst Myschkin, war seine polemische Antwort auf die Persönlichkeitskonzepte berühmter literarischer Zeitgenossen wie Nikolai Tschernyschewski, Lew Tolstoi, Nikolai Leskow und Iwan Turgenjew.