Halbkind

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„Halbkind“ beschreibt das Heranwachsen zweier Kinder in der Nachkriegszeit. Anna Neuhauser lebt, bei Beginn der Geschichte, noch in einem Flüchtlingslager in Ulm, Lilly K., die spätere Brigid Connolly, kommt mit dem Kindersammeltransport „Rettet die deutschen Kinder“ nach Irland. Beide Kinder sind, bedingt durch das Kriegstrauma, emotionale Hungerleider – Lilly K. ist eine Überlebende des Hamburger Feuersturms „Operation Gomorrha“, bei dem ihre Mutter umkam. Später wird Brigid Connolly die Liebe zu ihrem irischen Daddy mit folgenden Worten beschreiben: Ich könnte sogar so weit gehen und sagen, ich bin zwei Mal geboren worden, einmal von einer Frau und einmal von einem Mann. Das gleiche gilt für Anna. Trifft sie auf ein Du, wächst sie an den Andern wie ein Eisensplitterchen an einen Magneten hin. Schließlich wird sie als Sechzehnjährige Josef Gallasch begegnen, Abkömmling einer alten Flößerfamilie. Mit Jos tritt die große Liebe in Annas Leben. Die Schwimmer stießen sich vom Illerspitz ab, zuerst Jos, dann Anna, drehten sich, schnellten hoch, lachten, schossen den Doppelstrom hinab, über ihnen die Junisonne, die das Licht auf die geplatzten schwarzen Knospen der Eschen regnen ließ, welche sich zu violetten Blütenbüscheln, glänzend wie Honig, aufgefiedert hatten, auf die geplatzten Knospen von sämtlichen Blumen, die ersten Rosenknospen; da waren die weißen Blüten der Zuckererbsen, die nach Zucker und Wind rochen – das war alles für die beiden da.