17. Jahrhundert
… Über die Insel hinzuschweifen, davon ließ Tilsche Schellwegen auch in Röcken nicht ab. Nachts sah sie oft unten am Strande beim Witten Brook hinter der Schanze, – dort, wo einst die Ahrenshooper Burg errichtet wurde, die den Rostockern ein solcher Dorn im Auge war, daß sie sie schleunigst überfielen und zerstörten, – ja, da sah sie die Hexen tanzen. Da waren die Hornsche und die Maaßische und die Vossische zu Gange, und die Maaßische spielte beim Herumschwenken auf einer Drehorgel, die sie vor dem Bauch trug.
Es zog Tilsche mächtig hin, an diesem ungezügelten Reigen teilzunehmen, aber sie bezwang sich und blieb die in einer Senkung auf dem hohen Ufer versteckte Zuschauerin …
… Tilsche Schellwegen vermied es ängstlich, irgend welches Aufsehen zu erwecken. Sie war die fleißigste Kirchenbesucherin und nahm das Abendmahl viel öfter, als nötig gewesen wäre. Pastor Mund erwähnte das von der Kanzel herab und rühmte sie laut wegen ihres gottesfürchtigen Wandels. Im übrigen machte sie nur ihren Weg mit den Fischkörben zur Stadt und hielt dabei die Augen gesenkt. Auf die Weise schloß sie sich von aller Welt ab. Sie wollte nichts wahrnehmen, um nicht jenes brennende und sie quälende Gefühl zu haben, daß sie durch das bloße Denken und Blicken Menschen und Vieh bannen könne …
… Anno 1664 Mayus den 17ten ist sie wegen des Lasters der Zauberei verbrannt worden.
- Veröffentlicht am Sonntag 1. August 2010 von BS-Verlag-Rostock
- ISBN: 9783867851411
- 218 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählungen, Historische Romane